Denn die Fabrikakten lassen erkennen, daß ihre künstlerische Leitung nicht
ganz unschuldig an dieser Arbeit Schadows gewesen ist, und die Vermutung
liegt nahe, daß er mit der Überweisung dieser Blätter, die auch in den
Rechnungsakten nicht aufgeführt sind, ihr seinen Dank hiefiir abgestattet
hat. Die Manufaktur besitzt nämlich eine Folge von zehn kleinen Aquarellen
des Malers und Kupferstechers Anton Wachsmann nach Attitüden der
Vigano, die wahrscheinlich als Vorlagen für die Bemalung des Kaffee-
geschirrs benutzt worden sind und von denen eines den Modellmeister
Riese zur Modellierung eines
Figiirchens angeregt hat, welches
eine scheinbar besonders be-
liebte Pose der Tänzerin, die die
Vorstellung des Entschwebens in
den unendlichen Raum erzeugt,
wiederzugeben versucht. Diese
kleine Statuette hatte zwar „die
ganz besondere Satisfaktion" des
Ministers Freiherrn von I-Ieinitz
gefunden und war auch von der
Kronprinzessin Luise wiederholt
zu Geschenkzwecken bestellt wor-
den. Als aber der „Maitre des spec-
tacles" Friedrich Wilhelms II.,
Kammerherr Baron von der Reck,
der Madame Vigano ihre „Re-
presentation in Porzelain" vor
Augen führte, war die schöne
Tänzerin von diesem Konterfei,
dessen künstlerisches Verdienst
in der Tat sehr bescheiden ist,
Abb. 44. J. G. Schadow: Vorlage für die Bemalung von Pfei- keineSWegS entzückt fand
fenköpfenüilnayBleisiift,i8ne,Höhe22'z,Breite15'9Zemi- Stellung „nicht natürliche: und
meter (Bibliothek der Berliner Porzellanmanufaktur) , _ , _ ,
erbot sich, „sich in richtigen
Stellungen zu presentieren". „Welches dann", wie die Akten der Manufaktur
weiter berichten, „Seiner Excellenz (dem Freiherrn von Heinitz) zu dem
Wunsche die Veranlassung gab, daß diese Attitüden von einem geschickten
Zeichner, etwa von einem Heusinger oder noch besser von Herrn Rector
Schadow, wie die der Lady Hamilton nach Rehberg executiert werden
möchten." Gottfried Schadow, dem wohl dieser Order des Ministers gemäß
zuerst das Anerbieten gemacht wurde, hat die willkommene Gelegenheit, die
Kunst der vielbewundertenTänzerin und ihres Partners mit Muße zu studieren,
mit Freuden ergriffen. Welches Interesse er an den Tänzen der Viganos nahm,
beweisen bereits folgende Notizen, die er nach dem Besuch der „durch die
Anwesenheit des H. und der Madame Vigano verherrlichten Oper ,Arianna"'