der Brüsseler Miniaturhandschriften dieser Zeit viele Köpfe zu finden, die
stark an unsere Plastik erinnern.
Den Naturalismus der spanischen Plastik des XV. Jahrhunderts zeigt in
unserer Sammlung eine in Holz geschnitzte Figur des Gekreuzigten, die leider
stark gelitten hat. (Es fehlen die Arme und die Beine vom Knie ab.) (Abb. 4.)
Das Haupt trägt die Dornenkrone auf in Strähnen herabfallenden Haaren, die
Augen sind fast geschlossen, die Augenbrauen stark in die Höhe gezogen.
Die Nase ist schmal und spitz, der Mund geöffnet und läßt die obere Reihe
der Zähne sehen. Der Bart ist gekraust und geht am Kinn in zwei Locken
über. An der Brust und unter den Armen ebenfalls Kraushaar. Der voll-
ständig abgemagerte Körper läßt Rippen und Muskeln sowie die Adern in
der Magenhöhle stark hervortreten, auf der Brust klafft die Wunde. Der
Lendenschurz ist mit einem mächtigen Knoten an der Seite gebunden und
läßt Spuren einer ehemaligen Vergoldung sehen, während an dem Körper
nirgends Reste von Bemalung zu finden sind. Diese Figur von äußerst starker
Empfindung stellt den Heiland als verquälten, durch Leiden ganz abgefallenen,
von Schmerzen entkräfteten Dulder dar. Selbst für Spanien, das Land des
gesteigerten Empfindens, ist diese Figur eine besonders starke Äußerung
einer naturalistischen Darstellungsweise. Die Entstehungszeit dieses Werkes
dürfte wohl in die Zeit um 1470 fallen (Höhe 23 Zentimeter).
Zu den wertvollsten Werken der Holzplastik aus der Zeit der Renais-
sance gehören zwei aus Buchs geschnittene Figuren: ein Adam und eine Eva,
die von Konrad Meit aus Worms
verfertigt sind (Abb. 5 und 6). Der
Adam wurde auf der obenerwähn-
ten Auktion der Sammlung Böhm,
die Eva auf der Auktion Gasser in
Wien im Jahre 186g erworben.
Adam (257 Zentimeter hoch) ist
nackt auf dem linken Fuße stehend
dargestellt, den rechten hat er
nach rückwärts zur Seite gesetzt,
in der rechten Hand hält er den
Apfel, der linke Arm ist einge-
bogen und nach vorwärts ge-
streckt, die linke Hand wurde bis
zum Ansatze des Daumens, wohl
richtig, ergänzt, er dürfte auch in
dieser einen Apfel gehalten haben.
Der Kopf, im Verhältnisse zum
Körper etwas groß, trägt reiches
Lockenhaar, das Gesicht zeigt
Abb. 3. Kopf eines Heiligen. Brüssel. Mitte des XVJahr- Sfarke Wülste über den Augen,
hundem (Ömm Museum) eine starke Nase mit kugeliger,