auch die Stilkritik, sollte man
an der Richtigkeit der Aus-
legung der Signatur zweifeln,
uns dieses Relief als eine Ar-
beit Giulianis erkennen läßt.
Giuliani ist zu Venedig
1663 geboren und im Jahre
1744 in Heiligenkreuz, wo er
34 Jahre als „convittore"
gelebt hatte, gestorben. Von
1680 bis 1690 war er Schüler
des I-Iofbildhauers Andreas
F eistenberger in München, bei
dem er schon vor seiner Be-
rufung als kurfürstlicher Hof-
bildhauer nach München in
Tirol gearbeitet hatte. Er ging
dann nach Wien, wo er zahl-
reiche Arbeiten ausführte,
reiste später mit dem Fürsten
Franz Liechtenstein nach
Venedig und verweilte hier
eine Z eitlang bei seinen Eltern.
Nach Wien zurückgekehrt,
fand er keine Beschäftigung
und ging nach Augsburg, von
wo er endlich zu bleibendem
Aufenthalt wieder nach Wien zurückkehrte. Von seiner Frau geschieden,
zog er sich x71o nach Heiligenkreuz zurück, wo er auch starb und in
der Kirche begraben wurde, in der sein Grabstein gegenüber dem Martino
Altomontes an dem rechten Pfeiler unter dem Musikchor angebracht ist.
Das zweite Werk Giulianis im Besitze des Österreichischen Museums
ist eine Gruppe aus farbiger Terrakotta: Veritas und Chronos: die Zeit
enthüllt die Wahrheit, indem sie die Hülle, die die Wahrheit bedeckt hat,
emporhebt. Auf einem Felsen stehen die beiden Figuren, für die Rundsicht
in wahrhaft barocker Art auf die malerische Erscheinung hin komponiert
(37 Zentimeter hoch) (Abb. 27).
Die Veritas, eine nackte jugendliche Mädchengestalt, trägt blondes,
gescheiteltes Haar, das, zu einem Bündel am Kopfe zusammengefaßt, einige
Locken über die Schulter fallen läßt. Sie steht auf dem rechten Beine, hat
das linke auf eine Felsstufe gesetzt und dreht den Körper nach links, wodurch
die Hüfte stark betont wird. In der Linken hält sie ein offenes Buch, in dem
eine Sonne - als Symbol der Wahrheit - und die Inschrift „Veritas" gemalt
ist, auf die sie mit der rechten Hand hinweist (der Zeigefinger dieser Hand ist
Abb. 34. Herkules vom Denkrnalsenxwurf Katharina II. von Ruß-
land, Wien, 178a bis x7go (Öslerr. Museum)