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schwerfällig auf dem sich krümmenden Teufel steht. St. Michael ist als
jugendlich schöner, in eine „romanische Armatur" gekleideter römischer
Krieger mit Flügeln gedacht," so wie ihn die italienische Kunst darstellt,
während Satan, dessen muskulöser Körper mit großem Verständnis
modelliert ist, in der sehr individuellen, realistischen Kopfbildung einem
Abb. xo. Grabmal des Kardinals Philipp Wilhelm von Bayern
im Dom zu Regensburg
antiken Faun gleicht. Die kräf-
tig entwickelten „Kindlein"
mit den Kriegstrophäen waren
als Parallelakzente zu der
emporragenden Hauptgruppe
notwendig. Groß empfunden
zeigen alle diese Figuren bei
sorgfältiger Durcharbeitung
keinen kleinlichen Zug, wie
er Werken dieser Epoche oft
eigen ist. Es ist eine durchaus
selbständige Schöpfung, für
die man auch in der italieni-
schen Plastik schwerlich ein
Vorbild finden dürfte.
Durch die Urkunde über
die Michaelsgruppe erhalten
wir auch Nachricht von zwei
weiteren bisher unbekannten
Arbeiten Reichels, die gleich-
falls zur Verschönerung Holl-
scher Bauten bestimmt waren.
Nach einer gleichzeitigen No-
tiz auf der Rückseite des
Schriftstückes hat nämlich der
Künstler noch ein Marienbild
nebst einigen dazugehörigen
„Ornamenti" für das 1605 um-
gebaute Wertachbrugger Tor
und einen großen Adler für
das Siegelhaus (1606) gemacht
und dafür die weiteren goo fl.
erhalten. Die Madonnenstatue
ist leider verschwunden. Ver-
"t Nach der Beschreibung im Vertrag
sollte der Erzengel eine Lanze oder einen
Spieß in der Hand halten. Vermutlich hat
Reichel vorgezogen, ihm ein Schwert zu
geben, weil zwei ungelähr parallel laufende
große Lanzen störend gewirkt hätten.