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Volltext: Monatszeitschrift XXII (1919 / Heft 1 und 2)

mutlich an ihrer Stelle steht 
heute in der Nische über dem 
Torbogen die Steinligur einer 
Maria aus der ersten Hälfte 
des XIX. Jahrhunderts. Da- 
gegen hat sich der Adler erhal- 
ten (Abb. 7). Er ist nach dem 
Abbruch des Siegelhauses, auf 
dessen höchster Spitze er bis 
1806 seine Schwingen ausbrei- 
tete, seit 1840 im Untergeschoß 
des Augsburger Rathauses auf- 
gestellt. Wiederum ein Werk 
von starker dekorativer Wir- 
kung und ganz im Süle der be- 
kannten Vögel Giambolognas! Das gegen 21 Zentner schwere Stück hat 1'606 
W. Neidhard gegossen." Nach Reichels Modell entstand ferner noch das 
schöne bronzene Stadtwappen an der Front der 1609 erbauten Stadtmetzigfi 
Die bisherigen Ergebnisse der archivalischen Nachforschungen er- 
lauben es noch nicht, die Dauer des Aufenthaltes Reichels in Augsburg oder 
in Bayern genau zu iixierenfhpk Trotzdem möchte ich auf einige anonyme 
Werke in Bayern aufmerksam machen, die mit Reichels Kunst in engem 
Zusammenhange zu stehen scheinen. Zunächst ist zu vermuten, daß der 
Bildhauer bei den umfangreichen Verschönerungsarbeiten, die der genannte 
Abt Merk in St. Ulrich in der Zeit von 1600 bis 1612 vornehmen ließ, noch 
mit anderen Arbeiten als nur mit dem Kreuzaltar beteiligt war. Sicher 
rühren von Reichel auch die beiden reizenden bronzenen Knaben her, die 
das marrnorne Taufbecken im Hauptschiff tragen-l- (Abb. 8). Vorzüglich 
paßt zu Reichels dekorativer Art ferner die imponierende, überlebensgroße, 
in Stein gehauene Statue des Abtes Merk in prunkvollem Ornat, die heute 
fast unbemerkt hinter dem Hauptaltar in einer Nische steht (Abb. g); sie 
muß um 1612 entstanden seinrH- Von allgemeinerer Bedeutung sind aber 
' Nägele in: „Die christliche Kunst", a. a. 0., Seite 170 und 17g; derselbe in den „Württembergischen 
jahrbüchern", a. a. 0., Seite 135, vgl. aber 136, Anmerkung 173. Holl erwähnt den Adler in seiner Selbst- 
biographie (herausgegeben von Christian Meyer, Augsburg 1873, Seite 27), ohne aber Reichel zu nennen, 
dessen Namen er auch sonst verschweigt. Vgl. auch Khamm, a. a. 0., Seite 400. 
t" Mündliche Mitteilung des Herrn Dr. Wiedemann auf Grund archivalischer Nachweise. In dem Bau- 
meisterbuch von 1610 sind zum 1c. April zoo fl. in Rechnung gestellt, „um ein Schild an die Metzg zu 
machen": Nägele, „Die christliche Kunst", a. a. 0., Seite 172. 
"i" Da die „Bossierer" meist nicht zünftig waren, sucht man Reichels Namen vergeblich in den Zunft- 
akten. Eine weitere Schwierigkeit der archivalischen Forschung bildet das häufige Vorkommen seines Familien- 
namens. So fand ich in den Musterungslisten stets mehrere Personen namens Hans Reichle oder Reichlin. 
'l' So auch Nägele, „Die christliche Kunst", a. a. 0., Seite 17a, und „Württembergisches Jahrbuch". 
a. a. 0., Seite 133. Ähnlich Liler, „Geschichte der Metallkunst", Leipzig 1904, I, Seite 488. Auch Buchwald, 
a. a. 0., Seite 30 und 108, denkt an Reichel oder Hans Krumper. Abbildung bei Kempf, „Alt-Augsburg", 
Augsburg 1902, Tafel 86 a. 
H Friesenegger, a. a. 0., Seite 39. Siehe die Abbildungen des früheren Zustandes bei Kistler, a. a. 0., 
Seite rg. Ob nicht auch Reichel an den 32 großen Terrakottafiguren von Heiligen mitgearbeitet hat, die 1500 
bis 1612 entstanden und erst 1873 aus dem Chor der Kirche entfernt wurden? Aus Sandrart erfährt man, daß 
 
Abb. 11. Wappen des Kardinals Philipp Wilhelm von Bayern 
im Dorn zu Regensburg
	        
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