würden. Soviel scheint mir sicher, daß diese Statuen sich zum Teil an
die Innsbrucker Bronzen vom Grabmal Kaiser Maximilians anlehnen. Ver-
mutlich hat der Künstler das von Terzi 1573 herausgegebene Prachtwerk
der Imagines domus Austriacae"' zu den notwendigen historischen und
Kostümstudien benutzt, das ja teilweise auf die Innsbrucker Figuren zurück-
geht. Doch hat Reichel seine Helden mit größerer Lebenswahrheit und
barockem Kraftgefühl erfüllt. Es spricht aus ihnen derselbe leicht und
sicher plastisch gestaltende Geist, den wir aus den Augsburger Werken
kennen. In ihrer glänzenden Mache, dem Reichtum der Bewegungsmotive,
der Mannigfaltigkeit des Gesichtsausdruckes und der Trachten gehören
diese Statuen zu den besten dekorativen Skulpturen
der Zeit um 1600, vergleichbar den berühmten
Pfalzgrafen des Graubündners Sebastian Götz am
Friedrichsbau des Heidelberger Schlosses, die in
den Jahren 1604 bis 1607 wohl nicht ohne Ein-
wirkung der Reichelschen Kunst entstanden sind;
kam doch Götz aus dem Münchner Kunstkreis
her nach Heidelberg.
Die Fähigkeit Reichels, „bei der Anstellung
namhafter Gebeuen", das heißt doch wohl als
Architekt sich zu betätigen, läßt vermuten, daß
der Künstler nicht bloß den dekorativen Schmuck
der Residenz geschaffen hat, sondern vielleicht
den Bau selbst entworfen und die Ausführung ge-
leitet hat. Schon der verdiente, aus den Brixener
Archiven schöpfende Lokalforscher Sinnacher
spricht von Reichel als dem „Künstler und Bau-
meister, welchen der Kardinal und Bischof Andreas
von Österreich zur Erbauung des Palastes und
zur Verfertigung der Statuen nach Brixen hatte
kommen lassen".'"" Der Bau der Residenz begann
I5g5,'""" also in dem Jahre, in dem wir Reichels
t Vgl. die von Ilg im "jshrbuch der kunsthistorischen Samm-
lungen des Allerhöchsten Kaiserhauses", IX, Seite 235 Hi, abgebildeten
Vorlagen. Die Anbringung der Wappen, Sinnbilder und Fratzen bei den
Statuen mag ebenfalls auf Terzis Werk zurückgehen, wo sie in ähnlicher
Weise verwandt sind.
i" Sinnacher, a. a. 0., VIII, Seite 48a.
"" Andreas war erst im Juni x5g4 auf Bitten seines Kapitels von
Mersburg am Bodensee, wo er, als Bischof von Konstanz, sich vorzugs-
weise aufhielt, vorübergehend nach Brixen übergesiedelt. Den Baumeister
scheint er in Innsbruck gefunden zu haben, als er zur Beerdigung seines
Vaters, des Herzogs Ferdinand von Tirol (T 25. jänner 1595), dort weilte.
Am ro. Februar 1595 ließ er im Kapitel vortragen: „er sey Vorhabens das
Schloss in ain pössem formb zu erpauen, wie er dann schon albereit ain
paumeister von Innsprugg berueft unp ain model lassen machen, wo und Abb. 15. Terrakottastatue im Hof
wellicher massen es soll paut werden" (Sinnacher, VII, Seite 678, vgl. des bischöflichen Schlosses zu
Seite 694). Brixen