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Volltext: Monatszeitschrift XXII (1919 / Heft 1 und 2)

würden. Soviel scheint mir sicher, daß diese Statuen sich zum Teil an 
die Innsbrucker Bronzen vom Grabmal Kaiser Maximilians anlehnen. Ver- 
mutlich hat der Künstler das von Terzi 1573 herausgegebene Prachtwerk 
der Imagines domus Austriacae"' zu den notwendigen historischen und 
Kostümstudien benutzt, das ja teilweise auf die Innsbrucker Figuren zurück- 
geht. Doch hat Reichel seine Helden mit größerer Lebenswahrheit und 
barockem Kraftgefühl erfüllt. Es spricht aus ihnen derselbe leicht und 
sicher plastisch gestaltende Geist, den wir aus den Augsburger Werken 
kennen. In ihrer glänzenden Mache, dem Reichtum der Bewegungsmotive, 
der Mannigfaltigkeit des Gesichtsausdruckes und der Trachten gehören 
diese Statuen zu den besten dekorativen Skulpturen 
der Zeit um 1600, vergleichbar den berühmten 
Pfalzgrafen des Graubündners Sebastian Götz am 
Friedrichsbau des Heidelberger Schlosses, die in 
den Jahren 1604 bis 1607 wohl nicht ohne Ein- 
wirkung der Reichelschen Kunst entstanden sind; 
kam doch Götz aus dem Münchner Kunstkreis 
her nach Heidelberg. 
Die Fähigkeit Reichels, „bei der Anstellung 
namhafter Gebeuen", das heißt doch wohl als 
Architekt sich zu betätigen, läßt vermuten, daß 
der Künstler nicht bloß den dekorativen Schmuck 
der Residenz geschaffen hat, sondern vielleicht 
den Bau selbst entworfen und die Ausführung ge- 
leitet hat. Schon der verdiente, aus den Brixener 
Archiven schöpfende Lokalforscher Sinnacher 
spricht von Reichel als dem „Künstler und Bau- 
meister, welchen der Kardinal und Bischof Andreas 
von Österreich zur Erbauung des Palastes und 
zur Verfertigung der Statuen nach Brixen hatte 
kommen lassen".'"" Der Bau der Residenz begann 
I5g5,'""" also in dem Jahre, in dem wir Reichels 
t Vgl. die von Ilg im "jshrbuch der kunsthistorischen Samm- 
lungen des Allerhöchsten Kaiserhauses", IX, Seite 235 Hi, abgebildeten 
Vorlagen. Die Anbringung der Wappen, Sinnbilder und Fratzen bei den 
Statuen mag ebenfalls auf Terzis Werk zurückgehen, wo sie in ähnlicher 
Weise verwandt sind. 
i" Sinnacher, a. a. 0., VIII, Seite 48a. 
"" Andreas war erst im Juni x5g4 auf Bitten seines Kapitels von 
Mersburg am Bodensee, wo er, als Bischof von Konstanz, sich vorzugs- 
weise aufhielt, vorübergehend nach Brixen übergesiedelt. Den Baumeister 
scheint er in Innsbruck gefunden zu haben, als er zur Beerdigung seines 
Vaters, des Herzogs Ferdinand von Tirol (T 25. jänner 1595), dort weilte. 
Am ro. Februar 1595 ließ er im Kapitel vortragen: „er sey Vorhabens das 
Schloss in ain pössem formb zu erpauen, wie er dann schon albereit ain 
paumeister von Innsprugg berueft unp ain model lassen machen, wo und Abb. 15. Terrakottastatue im Hof 
wellicher massen es soll paut werden" (Sinnacher, VII, Seite 678, vgl. des bischöflichen Schlosses zu 
Seite 694). Brixen
	        
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