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Volltext: Monatszeitschrift XXII (1919 / Heft 1 und 2)

wundern, die den Zweck größerer dekorativer Berei- 
cherung gegenüber dem Original verfolgen. Diese Freiheit 
hat sich der Teppichwirker stets gewahrt, solange er nicht 
gerade in der täuschenden Wiedergabe der Malerei sein 
Ziel sah." Um eine leer wirkende Fläche des Freskos zu 
füllen, ist der Baumstamm links beim Sündenfall mit Laub- 
werk besetzt worden. 
Daß bei Übertragung in die Bildwirkerei manche 
künstlerischen Werte des Originals verlorengegangen, 
liegt zum Teil in der Natur der Sache, zum Teil aber auch 
in dem Umstand, daß der Kartonzeichner des XVIII. Jahr- 
hunderts zweifellos einen Kupferstich nach den Originalen 
als Vorlage benützt hat." Schwung und Ausdruckskraft 
der Originalakte sind beim Sündenfallteppich nicht er- 
reicht. 
In der Farbenstimmung der Wandteppiche ist ein 
Einfluß französischer Gobelins wahrnehmbar. Figuren 
und Landschaft sind koloristisch gegeneinander gut ab- 
gewogen. Die Körper des ersten Menschenpaares haben 
leuchtendes Inkarnat mit leichter Schattengebung. Bei 
Gottvater sind die hellen Lichter und roten Töne des 
iiatternden Gewandes sehr wirkungsvoll herausgearbeitet. 
Der landschaftliche Teil der Gemälde, ein Haupt- 
faktor in der wunderbaren Komposition der Originale, ist 
auch in den Teppichen vorzüglich behandelt. Die Detail- 
durchführung geht mit den Stichen"'" zusammen, was 
für die Benützung solcher als Vorlage spricht. In der 
Wiedergabe landschaftlicher Details wird die Manufaktur 
besonders eingearbeitet gewesen sein. Wir finden näm- 
lich in Inventaren und Verzeichnissen gerade um die Zeit 
der Herstellung unserer Arbeiten sehr häufig „Land- 
schaftsdarstellungen" (wohl Monats-, Jahreszeiten- oder 
jagdbilder) erwähnt. 
Von großem Interesse ist die 40 Zentimeter breite 
Bordüre der Teppiche. Akzentmäßige Schmuckbildungen 
4' Auch van Aelst hat bei der Raßaelschen Teppichfulge der Apostel- 
geachichle solche Zutaten angewendet, zum Beispiel die Musterung des Gewandes 
Christi bei der Schlüsselilbergabe. Vgl. Kumsch, „Die Apostelgeschichte", Dresden 
1914, Seite g. 
H Über die zahlreichen Vervielfältigungen der Loggienbilder im XVII. jahr- 
hunden vgl. Passavant, a. a. 0., II, Seite 206 a-h. 
1'" Nicol. Chapron, 54 Bl. 1649 oder Pietxo Aguila und Cesare Fantetti, 
52 B1. 1674. 
Bordüre des Wandteppichs mit dem Sündenfall
	        
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