Eltern, die noch lebten, die Brüder, seine Lehrer und die Freunde derjugend.
Es war eine Pilgerfahrt von einem zum andern, und ein Abend vereinigte
einmal alle zusammen im Waldstein-Garten des Praters. Da wurde der alte
Ton angeschlagen, doch weil es der alte sein sollte, konnte er nicht mehr
stimmen; mit manchem war er um viele Takte voraus. Einst hatte er alles
kühne Jugendhoffen geteilt und fröhlich mit den Fröhlichen gelebt; 'seitdem
war er weit gewandert und wenn er in die lieben alten Gesichter sah, fühlte
er schmerzlich die Entfremdung. Wie Wenige wissen aus der jugend den
Mann zu gestalten, die Seltensten das Alter auf den Mann zu gründen; der
Mann ist zumeist ein verblühter Jüngling und der Greis eirrverfallener Mann.
Bitters Vater starb kurz nach diesem Besuche der Heimat; um der
Mutter ihren Abend zu vergolden, zog der Sohn mit seiner Familie noch
einmal auf einige Sommermonate nach Wien und schuf still in einem Garten-
atelier in Hietzing, das ihm sein alter Freund, Bildhauer Othmar Schimkowitz,
eingeräumt hatte. Zwei seiner reifsten Sachen sind da entstanden: das Stand-
bild des Staatsmannes Karl Schurz für dessen Denkmal in New-York und eine
kleinere Arbeit: das Reliefbild zu Pferde des Präsidenten Cassat der Pennsyl-
vania Railroad, die sich beide von den Wiener Anfängen am weitesten ent-
fernen. Bitter wußte streng zwischen Bewegung und geistigem Ausdruck
zu scheiden und erkannte, daß sie sich gegenseitig meist ausschließen; er
konnte in manchen Arbeiten - einige Brunnengruppen sind dafür bezeich-
nend - die Bewegung bis ins Ausgelassene steigern, in diesen ist sie aufs
Geringste eingeschränkt, dabei so sprechend, daß der Blick, indem er über
Formen zu gleiten scheint, in die Tiefe eines Charakters und eines Lebens
dringt. Stoff und Form, in denen die Meisten ihr Leben lang befangen sind,
hier werden sie gemeistert und überwunden. Dies ist wirklich ein Staatsmann
voll Gedanke und Verantwortung, ein Stetiger, der immer auf seinem Posten
ist, ein Einsamer hoch über den wirren Wünschen der Menge, ein ehr-
fürchtiger Wanderer unter Gottes Himmel, ein Unüberwindlicher, weil mit
der Idee im Bunde, ein Bescheidener - doch wenn er den Mund zur Rede
öffnet, bis an die Sterne wachsend. Cassat: eine „Persönlichkeitß doch von
der Menschen Gnaden. Wie das Kleid ihm anliegt, paßt er sich an das Amt
und doch bleiben Kleid und er und Amt und er einander fremd. Doch schwört
er auf sein Amt: bricht das Amt, muß er mit ihm zerbrechen. Doch hält es
und so sitzt er fest im Sattel seiner Würde. Er sucht nicht die Gewalt in sich:
ihm ist sie ja gegeben; beugst du dich ihr, dann wirst du klug, ein Rädchen
und ein Hammer, der die Stunden schlägt - doch bleibst du Gott und
Menschen fremd.
Diese Beiden sind ein recht ungleiches Gespann. Bitter sollte Gelegenheit
haben, eine Gegenüberstellung, die hier rein zufällig vorliegt, von höherem
Gesichtspunkt noch einmal aufzunehmen und wie auf gewaltiger Wage das
Gewicht zweier Männer zu prüfen, deren Geist und Charakter sich durch das
ganze amerikanische Leben zieht. Es sind die Staatsmänner Thomas jefferson
und Alexander Hamilton für das Court House in Cleveland. Mit ihren Schriften