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Von unerschöpflicher Abwechslung ist die Art, wie die Rücklehnen der
Stühle gebildet werden. Der Ausgangstypus war der konkav geschwungene
griechische Stuhl; aber der Tischler der Biedermeierzeit wußte aus den
doppelt gekrümmten, nach rückwärts zurückgelehnten, nach seitwärts den
Körper umfassenden oder auch bloß den Rücken stützenden Stuhllehnen
ein besonderes Feld seiner phantasievollen Betätigung zu schaffen.
Hier waren so recht der persönliche Wunsch der Besteller, sein Körper-
bau, seine Gewohnheiten, anderseits aber auch die Freude des Handwerkers
an gelungenen Schweifungen, witzigen und gefälligen Bildungen am Werke,
Neues zu schaffen. Vom würdevollen Lehnstuhl und Schlaffauteuil bis zum
alltäglichen leichten „Sessel" und zum zierlichen Taburett sind unzählige
gelungene Variationen gebaut worden.
Das Bett der Biedermeierzeit zeigt größere Einfachheit wie jenes der
Empirezeit. Während das Paradebett der älteren Periode in den reichen
Betthimmeln und in den schifförmigen Prunkbetten weiterlebt, will der bürger-
liche Haushalt begreiflicherweise von dem pompösen Ruhelager nichts wissen.
Das Schlafzimmer wird immer intimer uud bescheidener, je mehr es
bürgerlichen Charakter erhält. Nur der Toilettetisch und der Ankleidespiegel
sind öfter der Anlaß zu reicherer Ausbildung. Das Bett und die Chaiselongue
(Ruhebett) werden zumeist sehr anspruchslos geformt.
Es ist eine eigentümliche Erscheinung der Biedermeierzeit, daß gerade
der fortschreitende Hang zu Bequemlichkeit und Behagen, der zunehmende
Entwurf für Sitzgelegenheiten aus der Schule Karl Schmidt (Österreichisches Museum)