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Wohlstand der Bürger und der
neu erstehenden „Reichen" die
Möbelgestaltung zur freien und
ungehemmten Barocklinie zurück-
geführt hat, mit der aber auch ein
prunkvollerer Materialaufwand,
' namentlich in Seidenbezügen der
Polsterungen und in Schnitzwerk
einhergeht. In Wien fällt diese
Zeit mit der nicht unwichtigen
romantischen Bewegung in der
Malerei zusammen (Josef Dan-
hauser wird selbst zum Möbel-
zeichner in der Fabrik seines Vaters), mit der Erteilung großer Aufträge
(wie Neueinrichtung des Palais Liechtenstein durch Leistler), mit der
Beschickung der großen Industrieausstellungen in London und Paris, wo
man mit neuen Ideen auftreten will. Die Eisenbahnen verbinden die Haupt-
städte, die Maschine greift in jedes Erzeugimgsgebiet immer einflußreicher
ein (Erfindung des gebogenen Möbels und Einführung in Wien durch
Thonet). Es entsteht eine Hast und ein Suchen nach Neuem, die in der
wahllosen Wiederaufnahme des Alten endeten, das doch nicht neu belebt
werden konnte.
Das Schulwesen, welches auf der Basis des historischen Unterrichtes
aufgebaut wurde, versäumte, den Kontakt mit der Werkstätte, den Arbeits-
unterricht ebenso zu pflegen wie die
wissenschaftliche Grundlage. Jener frü-
her so innige Zusammenhang zwischen
Entwurf und Handwerk ging verloren.
Darum muten die vorgeführten alten
Zeichnungen so gediegen und werktüchtig
an, weil da die Konzentration auf er-
reichbare Ziele vorhanden ist, weil die
arbeitende, ausführende und entwerfende
Hand dieselbe sind, weil der Handwerker
noch Einfälle haben konnte, ohne aus
seinem fest gebauten Geleise herauszu-
fallen. Die Zerfahrenheit und Zerrissen-
heit der nachfolgenden Zeit mit all ihren
himmelstürrnenden Ideen, großartigen
technischen Fortschritten erweckte die
Sehnsucht nach ehrlichem, künstlerisch
befruchtetem Handwerk - wir nennen
es heute Qualitätsarbeit. Nachdem die
Sofa, Entwurf von A. Popp
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Handwerker ihre Zucht und Lehre im r l St???" nahem