MAK

Volltext: Monatszeitschrift XXIII (1920 / Heft 7, 8, 9 und 10)

einer meisterlich behandelten französischen Vorlage gibt die Möglichkeit, 
die Wesensunterschiede des Hämischen und französischen Barocks an einem 
gleichartigen Thema gewahr zu werden. 
Der Barock zwingt in seiner Allgewalt auch den Wandteppich zu den 
Tendenzen nach Pracht, lebendiger Bewegung und Fernwirkung. Nun leuch- 
ten die bunten Farben neben tiefen Dunkelheiten auf, ein scharf geführtes 
Licht verstärkt die Lebendigkeit der mit raffinierten Kunstmitteln durch- 
geführten Kompo- 
sition. Alles ergibt 
sich für die Ferne 
berechnet, auf Ein- 
zelheiten kommt es 
nicht mehr an. Die 
Bordüren erschei- 
nen schwer, prunk- 
haft, mit Karyatiden 
und anderen archi- 
tektonischen Ele- 
menten durchsetzt. 
Der Gobelin ist jetzt 
weit mehr als in 
der Zeit der Renais- 
sance das Produkt 
des individuellen 
Künstlers, der Kar- 
tonnier ist so gut 
wie ausgeschaltet. 
Die nachschaffen- 
den Hände unter- 
ordnen sich völlig 
den Absichten des 
Entwerfers. Da- 
Venus und Aeneas, nach Romanelli, niederländisch, XVII. Jahrhundert durch erscheint der 
Gobelin jetzt künst- 
lerisch so stark individualisiert wie noch nie, aber an Werkschönheit, die 
ihm früher der Kartonnier im Verein mit dem Teppichwirker zu geben ver- 
stand, hat er entschieden eingebüßt. 
Das XVIII. Jahrhundert bringt unter dem starken EinHuß der flämischen 
Landschaftsmalerei als neues Entwicklungsmoment die Einbeziehung des 
Landschaftsbildes in die Gobelinkunst. Die Brüsseler Teppichwirker stellen 
als beliebte Motive Szenen aus dem Landleben dar, meist nach Gemälden 
des jüngeren Teniers. Ein solcher Teppich befindet sich in der Aus- 
stellung. An diesen Bildern geschult, wissen die Wirker nun die feinsten 
atmosphärischen Stimmungen, leichte Schatten, verdämmernde Fernen, 

	        
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