MAK

Full text: Monatszeitschrift XXIII (1920 / Heft 7, 8, 9 und 10)

„Einrichtung" für sein ganzes Leben beizuhalten. 
Der vorläufig gehemmte Anreiz zur wechselnden 
Gestaltung der Umgebung wird auch mit der Ord- 
nung der Produktionsverhältnisse wieder erwachen. 
Tendenz geworden, folgert daraus die Neigung zur 
Modenbildung. Die Mode aber wertet nach den 
Wirkungserscheinungen, nicht nach den Konstruk- 
tionsforrnen und überläßt die Akzentgebung dem 
Spiel der individuellen Geschmacksregungen. Das 
Schaffen Dagobert Peches kommt dieser Entwick- 
lung entgegen. Warum sollen bunte Farben nicht 
auch einen Kasten schmücken und mit dem Kasten 
das Zimmer? Werden die breiten Flügel geöffnet, 
strahlen neue Farben aus ihm, mit ihnen andere 
Nervenschwingung, geänderte Stimmung. Ja, alles 
im Raum scheint Leben zu haben, da unsere Augen 
ihre Farben in neuen Beziehungen sehen. Dann die 
mannigfaltigen Pappkassetten; posierend, kokett, 
witzig, phantastisch, gerade die flüchtigen Eigen- 
schaften, auch die unterhaltlichsten an den Menschen 
im geselligenVerkehr, hat des Künstlers Laune diesen 
flüchtigen Dingen verliehen. Sie wären natürlich un- 
angebracht an wuchtigen Eichenkassetten oder gar 
an traditionsbeschwerter Bronze. Oder die Blume, 
nein, Gebilde aus richtigem braunem Leder, in quali- 
 
Kunstschau 1920. . _ _ . 
Exglas, Entwurf von Professor tativ wertiger, sorgsamer Handarbeit blattweise ge- 
1"" H"H"'a""' amsgefüh" w" schnitten, geformt, geschmiegt. Sieht so seltsam wie 
der Wiener Werkstätte _ _ 
eine Blume aus. Nicht nachgemacht. Sondern das 
Gebilde ist so organisch geformt, wie etwa eine Pflanze ihre Blüte entfaltet. 
Und das ist Romantik, die wir auch an den ernsten Spielen unserer Urgroß- 
väter lieben, die noch Sammlung fanden zu sinnbildlicher Beschäftigung. Daß 
den Künstlerinnen der Wiener Werkstätte der Einfall mit den bunten Kästen 
willkommen war, ist begreiflich. Felice Rix, Marie Likarz, Mathilde Flögl, 
Hilda Jesser nahmen den Wettbewerb auf und jede wußte ihre Schöpfung 
zu individualisieren. Hier chinesisch, dort pompejanisch, die bebänderte 
Bauemweise und die primitive Negerweise flott karikiert. Anders außen, 
anders innen, anders rechts und anders links. Wie anders präsentieren sich 
dagegen die Möbel von Hugo Gorge in ihrer sachlichen Eleganz mit den neu- 
erfundenen Beschlägen. Aber phantasievolle Werkform zeichnet auch seine 
Kredenz aus, am Eingang vor die grün-schwarze Rebenrankentapete Dagobert 
Peches gestellt. Das seriösere Gebiet des Holzflächenschmuckes hat Architekt 
Viktor Lurje erwählt, Intarsien, streng im Stil der frühen Renaissanceforrnen. 
Julius Zimpel holt aus der Drechselbank die Rotationsformen seiner Schach- 
figuren, ebenso seines Spielzeuges. Aus Holzpiiöckchen formt Vera Maria
	        
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