selbstverständlich geworden ist wie die Rücksicht auf Geschmacksforderungen und ver-
ständliche Ausdrucksweise.
Es ist sehr wichtig, daß die Vorführungen gelungener Bauten in guten Lichtbildern und
Modellen, die Schaustellungen guterDetailzeichnungen, die denWerdegangillustrieren, und
die Sammlung reizvoller Skizzen, Studien und Entwürfe, die den langen Vorbereitungsweg
begleiten und beleuchten,wiederholt werden. Gerade die Vorbereitung zu neuen Bauaufgaben,
die nicht ausbleiben können, fordert solche Veranstaltungen ebenso sehr, als sie durch die
Muße zur Selbstbesinnung, die den Architekten unfreiwillig auferlegt ist, erleichtert werden.
AGENBUND. In der Zedlitzhalle hat sich wieder wie einst der Künstlerbund
Hagen eingerichtet. Und wie sich die Räume in neuer Gestalt zeigen, tritt auch der
Bund in verjüngter Form auf. Die älteren Mitglieder, wie L. F. Graf, Dr. R. Junk, Oskar
Laske, bilden das Bindeglied zur Vergangenheit, wobei sie in der bewegten Gegenwart auf
ihrem gesicherten Boden verharren und auch gelegentlich von der Farbenfreude und dem
Temperament ihrer jüngeren Bundesgenossen mitgerissen werden. In diesen gärt es und
wirbelt es mitunter heftig. Da ist namentlich Viktor Tischler und dann F. Schwarz-
Waldegg, die in ihrer Leidenschaft und Unruhe die Grenzen des Faßbaren und Darstell-
baren nicht selten überschreiten. Ihre Kraft und Leidenschaft treibt sie zur Unverständlich-
keit und zu jenem „Mauern" mit der Farbe, das nur auf größte Distanz den Anblick der
Bilder erträglich und wirksam macht. Daß trotz kraftvoller Wirkung auch der Näher-
stehende mit reizvollem Detail belohnt werden kann, weist Egge Sturm-Skrla immer
wieder nach. Seine prächtigen, lebensvollen Porträte und Figuren, die Art, wie er das
Fleisch zum Leuchten, den Körper zur Rundung bringt, sind sehr bemerkenswert. Auch
seine Graphik zeigt die feste sichere Hand des feinen Beobachters. Am feinsten ist in einer
Landschaft von Rumbold jener Farbenschmelz, das Zusammenwachsen der Tonwerte
erreicht, das auch den zartesten Farbenfleck in seiner Wertigkeit beachtet und die Farben-
Bäche wie edles Email bindet. In diesen großen Gegensätzlichkeiten liegen verschiedene
malerische Welten. Heute strebt wohl die Mehrzahl zur Eigenwilligkeit und Kraftäußerung,
zur Unruhe und zur nervösen, hastigen Niederschrift. Ihre Flüchtigkeit ist oft zu groß, um
der sichere Träger von abgeschlossenen Eindrücken zu werden. Die Intensität der Farbe,
das Leuchten und Glühen, das Flimmern und Kreisen scheint wesentliche Absicht. In dem
Streben nach neuen Sensationen spielt das Motorische eine Hauptrolle. Immer wieder
sucht der Maler das Leben von einer neuen Seite zu fassen und immer wieder werden
neue Mittel, neue Ausdrucksformen verbraucht, ohne daB das hohe Ziel voll erreicht wird.
Der Ausstellung des Hagenbundes kann nachgerühmt werden, daß sie diesem starken
Ringen, das heute wieder die Malerei und Graphik so sehr in den Vordergrund künstle-
rischer Pionierarbeit rückt, daß sie diesem Gären und Drängen willig Raum gegeben
hat. Die geschmackvolle einfache Aufmachung schließt eine Gruppe jüngerer und jüngster
Arbeiten zusammen, in denen viel verwandtes und neues Streben zum Ausdruck gelangt,
vor dern die älteren und anerkannten Kräfte höflich zurücktreten. Es ist aber immerhin
noch nicht deutlich sichtbar, ob unter der jüngsten Bewegung jene starken Talente heran-
wachsen, die zur dauernden Führung nötig sind. Sie bleiben gern unter sich, erklären und
ergänzen sich gegenseitig. Ein hübsches Bändchen Lithographien, das die „Handschrifw
der Bundesmitglieder aufweist, trägt auch zur Aufklärung bei. Dieser handschriftliche
Katalog zeigt, daß manches von dem Besten, das die Neuerer zu sagen haben, in ihrer
Graphik ausgedrückt liegt; das Flüchtige, Bewegliche ihrer Art fällt häufiger in das Gebiet
der Studie und Skizze als in die Aufgaben der bildhaften Malerei. Die Bildwirkung wird von
vielen als ein I-Iemmnis, nicht als ein Ziel empfunden. Der Pinsel wird öfter dem Umriß,
dem Strich oder dem Fleckenmosaik dienstbar als dem Ton, dem flüssigen Farbenstroxn,
der ja das eigentliche Lebenselement der Malerei bleibt. Auch das Bedürfnis zu kollektiven
Schaustellungen zeigt, daß die Wirkung nicht nach der Tiefe, sondern nach der Breite
drängt. Darin liegt ein Stück vom Wesen der Zeit.