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Volltext: Monatszeitschrift XXIII (1920 / Heft 7, 8, 9 und 10)

HAUS DER JÜNGEN KÜNSTLERSCHAFT. Im Oberlichtsaal in der 
Dorotheergasse, welcher wiederholt die jungen und jüngsten Kräfte vereinigte, hat 
sich wieder eine Gruppe von Malern eingefunden, die verschiedene Temperamente repräsen- 
tieren. Die farbige Leidenschaftlichkeit, von einem wuchtigen Pinsel vorgebracht, wie ihn 
R. Kloß führt, wirkt fesselnd, solange die Form gewahrt ist. Nichtbeachtung der Form 
wird auch durch kraftvolle Farbe nicht ausgeglichen. Einen ähnlichen Mangel zeigt 
C. Schulda mit seiner altmeisterlich gestimmten Farbenskala, die auf zarten Zusammen- 
gklang und weichen Zufallsreiz ausgeht. Auch er vermag ohne die Form nur gelegentlich 
ernster zu wirken. Die feste Formgebung verkörpert R. Angerer, dem die Farbe als licht- 
durchtränkter Ton erscheint, vom festen Umriß eingeschlossen. Auch E. d'Albert weiß 
ihre hellen Farbigkeiten durch gut beobachtete Form zu binden, wodurch sie in ihren 
Porträtstudien wie in bewegten Aktzeichnungen gleiche Sicherheit zeigt. 
So sind überall Fähigkeiten und Leistungen zu sehen, die ihren Zielen nahekommen, 
denen zumeist aber das letzte fehlt, das sie zur ganzen Tat brauchen, um sich in jene Höhe 
zu heben, in der Selbständigkeit und Freiheit des Schaffens zur vollen Entfaltung gelangen. 
QFBIBLIOTHEK. Die Musikfestwoche bot den Anlaß, daß die Hofbibliothek 
eine Auswahl ihrer „musik- und theatergeschichtlichen Kostbarkeiten" im Prunksaale 
zur Schau stellte. Der erste Teil, welcher vorwiegend der Musik gewidmet war, behandelte 
die Geschichte der Notenschrift, des Notendruckes, die Musiktheorie und Musikgeschichte; 
von besonderem Reiz für den Musikfreund sind hier wohl die Handschriften, Briefe und 
Notenschriften berühmter Musiker, welche ehrwürdige Denkmale der Größten ihrer Kunst 
vereinigen und seltenen Genuß bieten. Daß ein Hauch der Persönlichkeiten aus vergangenen 
Tagen in den sorgfältig gesammelten Blättern weiterlebt, übt auf jeden Empfänglichen 
eine unfehlbare Wirkung aus, die stimmunggebend ist. So wird die Vertiefung historischer 
Kenntnisse mit dem Kultus großer Persönlichkeiten verbunden. 
Andere Eindrücke vermittelte jener Teil, der dem Theater und den Festlichkeiten ge- 
widmet war. Hier spielte die Schaulust die Hauptrolle, welche schon in frühen Zeiten eine 
so starke Triebkraft bildete und in zahlreichen Schaubildern wertvolle Dokumente hinterließ. 
Das große Gebiet der öffentlichen Aufzüge, Feierlichkeiten, Vorstellungen war in wertvollen 
Holzschnitten, Kupfersüchen und Radierungen sowie in sehr interessanten Originalentwürfen 
behandelt, zu denen namentlich die I-Ioftheater reiches Material zu geben vermochten. 
Besonders wertvoll und anschaulich sind die Beiträge aus dem XVII. und XVIII. jahr- 
hundert, da der österreichische Hof ein freigebiger Förderer der Schaubühne war. Die 
Triumphzüge, Festdekorationen, Bühnenbilder sind wohl ihres vergänglichen Charakters 
und der temporären Zweckbestimmung wegen auch Gegenstand graphischer Wiedergabe 
geworden. Man hat in Kupferwerken und Holzschnittfolgen dafür gesorgt, daß die zeitliche 
Augenlust zu einer dauernden Ehrung werde. So bilden die prächtigen Blätter vom Fest- 
gepräuge der Renaissancefürsten bis zum reichen Szenarium der Hoftheater späterer 
Zeiten auch eine kunstgeschichtlich wertvolle Fundgrube von Außerungen der Dekorations- 
kunst. Die Architektur der Bühnenbilder und Festdekorationen ist eine ungemein wichtige 
Ergänzung zu den erhaltenen Werken der Baukunst. In ihnen spricht die Phantasie 
stärker, als es die Baumaterialien und Bauaufgaben gestatten. J. B. Piranesi, die Galli 
Bibiena, Burnacini, Le Pautre u. a. m. haben auf der Kupferplatte und in den lavierten 
Zeichnungen eine Welt von Ideen hinterlassen, die einen reichen Inhalt besitzt. Er gehört 
zu den stärksten Ausdrucksformen der gestaltungsfrohen Kunstepochen, die eine über- 
strömende Schaffensfreude auch in der Welt des Scheines betätigt haben. 
Das erhöhte Interesse, das die Gegenwart der Bühnenwirkung entgegenbringt, wurzelt 
wohl in jenen alten künstlerisch bedeutenden Leistungen, die ihre anregende Kraft nicht 
verloren haben. Auch heute bietet wieder die Bühne Anlaß zu Raumschöpfungen, welche 
dem Gestaltungsdrang der künstlerischen Phantasie entspringen und eine Betätigung 
ermöglichen, welche die harte Wirklichkeit des Lebens nicht gestattet.
	        
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