MAK

Volltext: Monatszeitschrift XXIII (1920 / Heft 11 und 12)

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Aus einer malerischen Darstellungsform, die von den Licht- und Raumproblemen der 
Holländer ausging, befreit sich ihre Hand immer mehr zu selbständiger moderner Diktion, 
mit der sie sich den jüngsten Bestrebungen nähert. 
Während in Käthe Kollwitz noch ganz der enge Anschluß an die Naturstudie und 
die malerische Tradition mitwirken, verkörpert Erich Heckel, dem die „Freie Bewegung" 
eine Spezialausstellung widmete, die extreme Richtung der Jugend. Seine Graphik ist wert- 
voller als alle seine farbigen Versuche, die immer eine in die Farbe umgesetzte Graphik 
bleiben und dazu noch durch ihre Flüchtigkeit zumeist unverständlich sind. Er sucht den 
stärksten und konzentriertesten Ausdruck seiner Auffassung von der Erscheinungswelt und 
bleibt durch das allzu kühne Weglassen und Vereinfachen oft im Unzulänglichen stecken. 
Trotzdem gelingt ihm in seiner Eckigkeit und Schroffheit namentlich dort ein gesteigerter, 
fast mächtiger Ausdruck, wo das graphische Handwerk diesen begünstigt. Seine Holz- 
schnitte, die mit den derbsten Werkzeugen und in heftiger Ekstase aus dem Material heraus- 
gearbeitet erscheinen, wie etwa frühe gotische Schnitzwerke von zimmermannsmäßiger 
Werkarbeit entstanden sein mögen - diese robusten und primitiven Arbeiten fesseln 
gerade durch die Stärke ihrer naiven Unbekümmertheit um die Natur und ihre Reize. 
Vielleicht ist es dieser stürmischen Eigenwilligkeit vergönnt, eine Reife zu erleben, 
die über die Anfänge hinauswächst. 
Es ist nicht uninteressant, im Anschluß hieran die kleine Ausstellung von graphischen 
Arbeiten ]. Portenaers zu erwähnen, die Halm ä Goldmann brachten. Dort war jene 
solide, heute altmodisch wirkende Gegenständlichkeit zu finden, die mit dem korrekt dar- 
gestellten und geschmackvoll gesehenen Naturausschnitt sich begnügt. Die graphische 
Arbeit, die auf der Darstellung vereinfachter, aber immer an die Natur gebundener 
malerischer Vorgänge, wie Architektur und Landschaft sie bieten, fußt, wird imrner ihre 
Wertschätzung finden, weil sie dem Verständnis wie dem Bedürfnis weiter Kreise ent- 
spricht. Sie wird von vielen nicht zu den eigentlich künstlerischen Aufgaben gezählt, die 
heute so fern von dieser etwas konventionellen Problemstellung liegen. Insoweit Können 
und Geschmack diese Probleme lösen, werden diese Leistungen berechtigte Anerkennung 
finden. Starke seelische Erregungen werden von ihnen nicht ausstrahlen, sind aber auch 
zumeist nicht beabsichtigt und von ihren Schätzern nicht gesucht. 
KLEINE NACHRICHTEN Sie 
MAX DVORAK  ]äh und unvermittelt ist Max Dvorak seinem bewunderungs- 
würdigen Wirken als Forscher, Lehrer, Denkmalpfieger und Kunstförderer entrissen 
worden und weit über den Kreis der Fachgenossen und die engen Grenzen des Vaterlandes 
hinaus wird sein Tod tief und schmerzlich beklagt werden. Denn so reich sein aufbauendes 
und richtungweisendes Schaffen war, so groß der Ertrag seiner unermüdlichen, nach 
allen Seiten ausgreifenden Arbeit, man durfte von ihm noch viel und immer neues Gutes 
erwarten. Er war eine Zierde der Wiener kunstwissenschaftlichen Schule, welche Eitel- 
berger und Thausing begründet, Wickhoff und Riegl zur höchsten Entfaltung gebracht 
haben, und gehörte zu jenen starken Kräften, welche berufen waren, der Umwelt zu zeigen, 
daß Österreichs politischer und wirtschaftlicher Zusammenbruch das geistige Leben seiner 
besten Söhne nicht zu erschüttern vermochte. Dem Osterreichischen Museum war er ein 
Freund und Förderer und er nahm regen Anteil an dessen der Wissenschaft, Kunst und 
dem kulturellen Aufbau des Lebens der Gegenwart gewidmeten Tätigkeit. Er war einer 
der erfolgreichsten Vortragenden des Instituts. Immer aufs neue und in stets steigendem 
Maße hatte die l-Iörerschaft des Museums Gelegenheit, die unendliche Fülle des Wissens, 
die Klarheit und Eigenart des Urteils und die Darstellungsgabe dieses Mannes zu bewundern, 
der in einer Sprache, die nicht seine Muttersprache war, aber sie in ihrer ganzen Kraft 
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