In seinem Berichte vom 22. November 180g meldet Galeriedirektor Heinrich Füger}
er habe bei der Annäherung der französischen Armee im Frühjahre 1809 dem Allerhöchsten
Befehle vom 1. April 180g zufolge 54 Kisten mit den wertvollsten Gemälden der Galerie
auf SchiEe geliefert und in Sicherheit gebracht. Darin waren die meisten ausgezeichneten
Stücke der italienischen Schule des ersten Stockes und das Kostbarste der altdeutschen,
altniederländischen und altitalienischen Schulen aus dern zweiten Stocke enthalten; dies-
mal um sechs Stücke mehr als im Jahre 1805, wo 48 Kisten mit Bildern zu Schiff nach
Preßburg gebracht worden waren. Dies war nur möglich, weil nach der Rückkunft im Juli
1806 die Kisten in einem Magazin aufbewahrt wurden. Allerdings war die Instandhaltung
mit Schwierigkeiten verbunden; statt der bestellten 24 Tischler erschienen nur sechs. Mit
Mühe wurde ihre Zahl auf 18 gebracht. Noch mehr fortzubringen gestatteten auch diesmal
weder die Zeit noch der Schiifsraum. Zwei sehr große niederländische Bilder (Rubens,
Himmelfahrt Mariä und Allegorie von van Thulden) mußten wegen Umfanges und Gewicht
zurückbleiben, weil kein Fuhrwerk mehr zu haben war. Ebenso mußte das Mosaikdoppel-
bild Josefs II. und Leopolds II. von Pompeo Batoni zurückgelassen werden. Viele kleinere
Gemälde des ersten Stockes wurden in den Depotzimmern zusammengestellt. Die Idee,
einzelnes von Bildern in Privatwohnungen unterzubringen, wurde fallen gelassen, weil
eine strengere Untersuchung besorgt wurde als 1805; auch wäre der Transport kaum
unbemerkt und unverraten geblieben. Am 11. Mai 180g rückte ein Teil der französischen
Armee in Wien ein. Schon um i Uhr mittags erschien vor dem Tore des oberen Bel-
vederes ein Offizier mit 21 Mann und zeigte seinen Befehl vor, das Schloß als Sauvegarde
zu bewachen. Er blieb außerhalb des Tores und verlangte Brot, Bier und Bezahlung.
Letztere verweigerte Füger, die Nahrungsmittel gab er aus seinem Haushalte. Der bald
darauf visitierende General wiederholte den Befehl wegen Schutzes des Schlosses und
forderte ebenfalls für die Mannschaft Brot, Wein und Brennholz. In der nämlichen Nacht
Bombardement der Stadt, ohne Schaden für das Belvedere. Am nächsten Morgen Ab-
lösung der Wache durch eine neue von 24 Mann, die abends über Befehl abgezogen wurde.
Deshalb ließ Füger die folgenden Tage das Belvedere von den Dienstleuten des Hauses
selbst und bezahlten Arbeitern bewachen. In seiner Wohnung waren nebstdem mehrere
Personen versammelt, um erforderlichenfalls Assistenz zu leisten. Auf sein Verlangen erhielt
er dann eine schwache Bürgerwache. Nach mehreren nächtlichen Versuchen französischer
Parteien, ohne obrigkeitliche Bewilligung im Belvedere Unterstand zu nehmen, sowie
auf Einmischungen fremder Personen in seine Anordnungen zur Ruhe des Hauses erbat
er sich vom Präsidium der Landesregierung eine Verstärkung der Wache und eine
Kommission zur Konstatierung der Vorgänge. Die Verstärkung wurde sogleich bewilligt,
ein Kommissär aber nur für den Notfall zugesagt. Anfangs Juni kam Marschall Duroc und
verlangte das Palais zu besehen. Der Mangel an Stallungen, Küchenherden, Rauchiängen
usw. überzeugten ihn, daß es nicht bewohnbar sei. Am 6. Juni erhielt Füger eine
Einladung, beim Generalgouverneur Andreossi zu erscheinen. Auf dessen Frage erklärte
Füger, daß er dem Befehle seines Souveräns gemäß alles, was die Galerie Vorzügliches
und Klassisches enthalte, eingepackt und versendet habe, daß das auch im vorigen Kriege
geschehen sei und er sich bemüht habe, so viel als möglich zu retten. „Darin haben Sie
Ihre Piiicht als rechtschaffener Mann erfüll " war die Antwort. Auf die weitere Frage,
was noch da sei, konnte das Vorhandensein der Depots (sechs Zimmer) nicht verleugnet
werden.
Am 7. Juni abends nach 8 Uhr kam Generalintendant Daru mit dem General-
direktor der Museen Denon, um das Palais zu besichtigen, obwohl es schon Nacht war.
Auch das Atelier Fügers begehrten sie zu sehen. Am 8.Juni früh kehrte dann der General-
gouverneur wieder und nahm das ganze Palais nebst der Wohnung Fügers in Augen-
" Über Pilger vergleiche unter anderem den interessanten Aufsatz von Dr. Alfred Stix zu Fügers
hundertstem Todestage (5. November 1818) in Band LVII, Heft 3 vom 1. November 1918 der „Österreichischen
Rundschau".