Bildern des Heiligen im XV. und XVI. Jahrhundert gewidmet ist, erscheint verdienstvoll
und aussichtsreich, denn das Problem_wächst bei ihm über die rein ikonographische
Schilderung und Analyse hinaus zu einem „entwicklungsgeschichtlichen Versuc ", also es
wird zu einer stilgeschichtlichen Untersuchung, durchgeführt an dem relativ engbegrenzten
Thema mit der allergenauesten Detaillierung und Spezialisierung. Iedenfalls dürfen wir
diese Arbeit als einen wertvollen Beitrag zur Ikonographie mit großer Sympathie begrüßen
und der für später versprochenen umfassenden Darstellung sämtlicher Christoph-Bilder in
Malerei, Plastik und Kunstgewerbe sowie den Reflexen der Legende in der Literatur voll
Spannung entgegensehen. Denn gerade die sichere ikonographische Grundlage fehlt in den
meisten Fällen, wenn man zum Beispiel systematisch Untersuchungen über irgend ein
Sondergebiet der spätgotischen Malerei oder Holzskulptur durchführen will. Sind aber
einmal die verschiedenen Typen ein und derselben ikonographischen Darstellung fest-
gelegt, wie dies Stahl im vorliegenden Falle beim heiligen Christoph tut, das heißt, hat
man einmal feste und sichere Handhaben für die Unterscheidung der einzelnen Abwand-
lungen unter Hervorhebung der charakteristischen Merkmale, so werden wir einen viel
klareren Überblick über das Wandern und die Verbreitung der einzelnen Darstellungs-
arten derselben Haupttypen haben und damit auch vielleicht die Möglichkeit gewinnen,
maßgebende Schlüsse auf einzelne Werkstätten oder lokal, respektive landschaftlich zu-
sammenhängende Zentren zu ziehen, die sich durch Bevorzugung und Wiederholung eines
bestimmten Typus von anderen unterscheiden. Ein solcher Schluß wird natürlich an
Zuverlässigkeit nur noch gewinnen, wenn außerdem einwandfrei festzustellende stilistische
Übereinstimmungen dazukommen. Wichtig und wertvoll ist Stahls Durchführung über die
maßgebende Stärke des niederländischen Einflusses auf die deutschen Kompositions-
Schemen des XV. Jahrhunderts, hinter dem der italienische entsprechend zurücktreten
muß. Das üihrt der Verfasser sehr anschaulich aus, indem er den charakteristischen spät-
gotischen Haupttypus „von 1450" des heiligen Christoph, den sogenannten „bewegten
Frontaltyp", einleuchtend auf niederländische Vorbilder der Eyck, Bouts, Memling,
Massys etc. zurückleitet.
Möge Stahl seinem Vorsatze getreu bleiben und uns bald eine zusammenfassende
lkonographie des heiligen Christophorus schenken. E. W. Braun
ER ORNAMENTSTICH, VQN PETER JESSEN." Die wissenschaftliche
und praktische Bedeutung der Ornamentstiche ist uns seit langem vertraut. Außer
den Kupferstichkabinetten, wo sie als Glieder in der Entwicklungsgeschichte der graphischen
Künste und der einzelnen Meister seit jeher gesammelt wurden, haben von der zweiten
Hälfte des XIX. Jahrhunderts an vor allem die Kunstgewerbemuseen den Ornamenstichen
ihr besonderes Augenmerk zugewendet und sie ihren Sammlungen als wertvollstes Vor-
bilder- und Studienmaterial angeschlossen. Denn als solches sind die Ornarnentstiche, ein-
schließlich der in Holzschnitten dargestellten mannigfachen Aufgaben der Werkkunst, in
erster Linie zu werten, als Vorlagen für die Künstler und Kunsthandwerker früherer Zeiten
und darum auch als unentbehrliche Grundlage für alle Studien zur Geschichte der Stil-
entwicklung. Auch die heutigen Künstler und Kunsthandwerker ziehen aus dem auf uns
gekommenen reichen Schätze von Formen und Verzierungen aller Art großen Gewinn für
ihr Schaffen. Unter den Kunstgewerbemuseen Deutschlands und Österreichs war es das
Österreichische Museum für Kunst und Industrie, das mit der Anlage und dem Ausbau einer
Ornamentstichsammlung voranging, deren kostbare Bestände in drei, jeweils die Erwer-
bungen seit 1863 bis 1919 umfassenden illustrierten Katalogen (erschienen 1871, 188g und
19:9) beschrieben sind; als zweites folgte das Städtische Kunstgewerbemuseum in
Leipzig (Katalog von 1889) und als drittes das Berliner Kunstgewerbemuseum, das
1880 die bekannte, von dem Pariser Architekten H. Destailleur angelegte reichhaltige
Sammlung von Ornamentstichen käuflich erwerben konnte (Katalog von 1894). Neben
' Berlin, Verlag filr Kunstwissenschaft G. m. b. H. 19:0. 8", 384 Seiten.