Auch unter der sorglichen Aus-
wahl der für Wien kennzeichnendsten
Figurenmodelle ist die Frühzeit durch
ein seltenes Stück ganz hervorragend
vertreten, den großen sitzenden Chine-
sen (Abb. g). Es ist die einzige bisher
bekannte Ausformung. Er sitzt auf
einem gelben Polster in unterglasur-
blauen Hosen, gelbgeblumtem Schlaf-
rock und gelben Schuhen und Ärmeln.
Auf den Kopf ist ein grüner Schilfhut
gestülpt. Der Bindenschild in Blind-
prägung deutet auf das Jahr-fünft x744
bis 1749, seit der Übernahme der Grün-
dung Du Paquiers in den Staatsbesitz
(1745) bis zur der Vorschrift von x74g,
kein Porzellanstück zu brennen, „das
nicht mit dem anbefohlenen oesterrei-
chischen Wappen in Blau bezeichnet wäre".
Die kraftvolle Modellierung bei bescheidenster
Farbengebung ist für die Wiener Porzellanbild-
nerei jener Frühzeit bezeichnend. Unter einer
großen Zahl figürlicher neuer Modelle ver-
zeichnet das Hauptbuch der Manufaktur für das
Jahr 1746 „zwei weiße indianische Figuren".
Neben dem Bindenschild steht, ebenfalls farblos,
ein M und eingeritzt das Wort Motell, das gewiß
keinen Künstlernamen, sondern einen Schreib-
fehler für Modell bedeutet. Sollte es nie wieder
ausgeforrnt worden sein? (Höhe z4'5 Zentimeter.)
Ein bisher auch nur einmal bekanntes, in
Olmütz gefundenes Modell ist der „Kavalier im
Pelz", der hier schon einmal eingeführt worden
istf Daß es davon eine Herender Nachahmung
in Budapester Besitz gibt, wurde damals auch
bereits erwähnt. Inzwischen hat nun auch die
dazugehörige Dame zu ihrem Kavalier heim-
gefunden: sie kam aus Berlin auf dem Umwege
über Holland in die Sammlung Rudolf Stein.
War der Pelz des Mannes für die Wiedergabe
in Porzellan doch eine allzu schwierige, ja schier
unlösbare Aufgabe, so ist Madame um so zier-
Abb. 12. „Die Demaskierung"
Abh- 13- D18 I-ißbßßvßr mit dem ' Julius Leisching. „Eine Alt-Wiener Figur in Brünner Privat-
Vßßßlbml" besitz" (Kunst und Kunsthandwerk, XVII, 1914, Seite 462).