Mangel an organisatorischer Begabung vorgeworfen. Wir denken heute über Organisieren
anders als noch vor kurzer Zeit. DaB starres unbeseeltes Organisaüonstalent nicht immer
zum Heile der Völker ausschlägt, hatdie Geschichte uns gelehrt. Nicht die Zusammen-
schließung des innerlich Fremden durch mechanischen Druck ist wirkliches Organisieren,
sondern geistige Verbindung des Verwandten, das sich gegenseitig hebt und fördert. In
diesem Sinne war er ein außerordentlich beweglicher, ein fortschrittlich denkender und
dabei zähe arbeitender Organisator, der sich durch keinen Widerstand und kein Ungemach
aus der Fassung bringen und von seiner Linie abdrängen ließ. Dabei ein Mann, der
Autorität war und sie auch besaß, dem sie deshalb willig von allen Seiten eingeräumt
wurde, weil man sah. wie ernst er alles nahm und daß er, zu jedem persönlichen Opfer
freudig und jederzeit bereit, nie auch nur das Geringste für sich selbst wollte. So brachte
er gleich nach der Umwandlung des alten Vereines in die „Gesellschaft für verviel-
fältigende Kunst" einen Verwaltungsrat zusammen, in dem sich der Begründer und
Organisator des Österreichischen Museums R. v. Eitelberger, sein Mitarbeiter und Nach-
folger B. Bucher, Conze und Thausing, Eisenmenger, Jacoby und A. Schäffer befanden.
Dann kamen bald hinzu: G. Niemann (1879), Sonnenleiter (1883),W. Hecht, Dr. Schwingen-
schlögl (1885), W. Unger (18g6)."
Das viele Reden und Schreiben über Kunst ohne deren lebendige Anschauung war
einem Manne wie L. Wieser durchaus zuwider. Aber Kunst zu machen ohne gleichzeitig die
ästhetische und wissenschaftliche Erkenntnis des Kunstwerdens zu pflegen, wäre ihm als
eine Halbheit erschienen. So gab er diese beiden Eisen ins Feuer und die Geschichte der
Gesellschaft erweist, wie sie auch weiterhin geschmiedet worden sind. Die Gesellschaft
begann ihre künstlerischen Gaben mit Albums; Stich, Radierung und Holzschnitt wurden
sofort gleichzeitig betrieben in größtem Umfange und steter Folge, in Einzelwerken und
Sammelwerken, die literarischen Publikationen Engen an mit eigenen „Mitteilungen", die von
1872 bis 1878 der Leipziger „Zeitschrift für bildende Kunst" beigelegt waren. Schon 1873 er-
schien der Hannibal-Zug Rethels in meisterhaften Holzschnitten Bürkners und der eminente,
mühsam hergestellte Farbenholzschnitt Paars nach v. Eycks altem Manne, schon 1874 tritt
W. Unger mit seinem Ildefonso auf den Plan, 1876 Führichs „Verlorener Sohn" mit Kupfer-
stichen vonPetrak, 187gwird die eigeneDruckerei und die eigeneZeitschrift „Die graphischen
Künste" begründet, die, der Leitung der Sekretäre unterstellt, so hervorragend zum Ruhme
der Gesellschaft beigetragen hat. 1883 wurde durch Bode und Tschudi mit dem „Galeriewerlü
begonnen," im selben Jahre fand die erste große internationale graphische Ausstellung statt,
1887 wurde durch Lützow und Graul das große Geschichtswerk mit der Geschichte des
neueren Holzschnitts und Kupfersüchs und der Radierung (1887, 1891, 1892, veranlaßt durch
die Ausstellung der Gesellschaft 1886), um die sich Graul besondere Verdienste erwarb, 1893
die ältere Geschichte mit den Rubens-Stechern (herausgegeben von Rosenberg) in Angriff
ß Präsidenten des Kuratoriums waren der Reihe nach: Reichsfinanzminister Freiherr v. Hofmann,
Oberstjägermeister (dann Oberstkämmerer) Hugo Graf Abensperg-Traun, Erbgraf Ferdinand Trauttmansdortif,
Minister a. D. Dr. Max Graf Wickenburg, Oberstkämrnerer Leopold Graf Berchtold; seit 1920 ist Präsident:
Q Minister a. D. Universitätsprofessor Dr. Friedrich Wieser. Dem ersten Verwaltungsrate gehörten außer den
oben Genannten noch an: Karl Dittmarsch, Johann v. Friede], Heinrich Gold, Dr. Wilhelm Gurlitt, Karl Mundt,
Oberreehnungsrat Steinebach. Es wurden weiterhin gewählt: 1874: Eduard Unger; 1876: Dr. Oskar Berggrlin;
187g: Gustav Figdor; 1883: Viktor Graf WimpiTen; 1883: Hans Grasberger; 1891: Dr. August Heymann; 1892:
Dr. Eduard Leisching (seit 1901 Vorsitzender); 1895: Maximilian Paul-Schiff; 1899: Ludwig Hevesi, Heinrich
Lefler; lgorzRegierungsrat Dr. Friedrich Dörnhöffer, Otto Friedrich, Professor Felician Freiherr v. Myrbach,
Regierungsrat Franz Ritter; rgoz: Dr. Julius Hofmann, Prinz Chlodwig Hohenlohe-Waldenburg; 1905: Josef
Engelhsrt, Professor Ferdinand Schrnutzer; 1908: Sektionsrat Dr. v. Polzer; 190g: Dr. Franz v. Sprung, Sektions-
chef Dr. Friedrich v. Stadler-Wolffersgrün; 1911: Ministerialrat Rudolf v. Förster-Strefdeizr, Direktor Dr. Josef
Meder; 1914: Professor Dr. Josef Hupka, Dr. Rudolf Junk; 1915: Professor Rudolf Bacher, Direktor Regierungs-
rat Dr. F. M. Haberditzl; 1916: Regierungsrat Dr. Fortunat v. Schubert-Soldern, Professor Viktor Stauffer;
1917: Professor R. Harllinger; 1919: Professor A. Cossrnann, August Roth; 1920: Direktor Dr. Gustav Glück.
"W 1883 erschien die Budapester Galerie und die Galerie Schack, 1885 die Galerie Wesselhöft (Hamburg),
1888 die Oldenburger, 1891 die Schweriner, 1896 die Liechtenstein-Galerie Wien.