Leitmotiv (wie bei Zwei in Raum-
kurven, aber in ganz anderen).
Das ist nun etwas ganz Seltenes.
Wirklich Vergleichbares war nur
einmal zu linden, in Prag. Der
bekannte burgundische Johannes
im Louvre," hat einen gleichlau-
fenden Strang (nicht so glänzend
modelliert) und ähnliche Hänge
vorn in ganz gleicher Zuordnung,
das Ganze ist ähnlich genug; aber
derjohannes ist, wenigstens nach
den französischen Ansetzungen,
später. Geschmack an langen und
starken Stoffgängen hat die Zeit
um 1400 überall gehabt, h" be-
sonders die Malerei, aber es kam
immer anderes dabei heraus;
zum Beispiel die Ausläufe von
Kniehöhe auf den Boden, oder
- sehr charakteristisch - die
Tuchstränge neben einer Sitztigur
an die Bank gelegtfh" Aber der
Karl IV. am Altstädter Brücken-
turm in Prag, der hat einen
solchen schräglaufenden, reich-
modellierten Strang wie unsere
Figur Eins. Als Leitmotiv klingt
er da nicht so rein, weil die Figur
sitzt und das Knie mit dem Saumschlag ein Sondermotiv hiniäinbringt; aber es
ist durchaus derselbe Gedanke, übrigens auch mit derselben eigentümlichen
kurzen Endung unten. (Nur entfernt verwandt im Motiv, aber doch aus dem
gleichen Geschmack die Saumkrempung beim Wittingauer Johannes-l)
Das einzige malerische, beziehungsweise graphische Denkmal, in dem
vergleichbare Motive vorkommen - aber gleich in Fülle - ist nun auch
böhmisch, das Braunschweiger Skizzenbuch; und hier ist die gleiche
"' A. Germain, Neerlandais en Bourgogne, Brüssel igog, Tafel bei Seite 88; auch bei Vitry-Briere, Docu-
ments de seulpt. fr. Der Johannes ist aus Holz, das wäre bei einem Vergleich zu berücksichtigen. (Zum Vergleich
gehört von unserer Figur die rechte Halbseitansicht.)
"w Im gleichen Geschmack gibt der ganz junge Donatello dem einen Propheten über der Mandorlatür am
Dom eine lange Mantelrandspannung (daß sie das Standbein unterstreicht. ist allerdings etwas für sich). Viel-
leicht kommt selbst noch beim Zuccone das mächtige Rauschen von der Schulter zum andern Fuß aus dem-
selben Gefühl.
"" Das erste schon beim Wittingauer Meister (vgl. Tafeln bei Ernst, Beiträge zur Kenntnis der Tafel-
malerei Bühmens), für das andere ein gutes Beispiel das verschollene böhmische Bild mit Maria und Elisabeth,
das Burger im Handbuch nach einem Stich aus Wörmann abbildet.
1' Ernst, „Jahrbuch der Zentralltommission" 1917, Tafel XI.
Aus dem Braunschweiger Skizzenbuch
Is