Nr. 4
Internationale Sammler-Zeitung
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der Widerstandsfähigkeit gegen Geschosse bei den
Panzerarten. Aus dem Wettbewerb zwischen) Panzer
und Geschoß, bezieh. Geschütz resultiert, wie
der jetzige Krieg illustriert, die Niederlage der Panze
rung.
Die Herstellung der Geschützrohre erfolgt nach
verschiedenen, durchwegs geheimgehaltenen Verfahren.
Bilder in Saal 3 erläutern den Werdegang der Geschütz
rohre in früheren Jahrhunderten und die Objekte in
Raum 5 illustrieren die Fabrikation der modernen
Geschützrohre; sie geben eine vorzügliche Übersicht
über die Behandlung des jeweilig verwendeten Stahls
usw. Selbst der beste „Edelstahl“, das. heißt die erst
klassigen Geschützrohre besitzen nur eine geringeLebens-
dauer. Sie ist natürlich in erster Linie abhängig von der
Qualität des Stahls, vor allem spielt die Beschaffenheit
der „Seelenwände“ eine Rolle und von großer Be
deutung ist die Zusammensetzung der Geschoßladung.
Mit einigen Einschränkungen darf man sagen: je kleiner
das Kaliber der Kanone, desto größer ist ihre Lebens
dauer. So können einfache Feldgeschütze 1.500 bis 2000
Schüsse aushalten; ein Geschütz von der schweren
Artillerie ist in der Regel mit etwa 250 Schuß unbrauch
bar geworden. Das Geschützrohr der gewaltigen Schiffs
kanonen kostet rund 250.000 Mark; rechnet man seine
Abnützung mit, dann stellt sich jeder Schuß aus einem
derartigen Rohr auf etwa 3500 Mark. Erheblich teurer
ist der Schuß aus der „Seele“ der „dicken Berta“ und
aus den neuen österreichischen Motormörsern.
In Saal 9 sind die mannigfachen. Typen der Schiffs
maschinen, teilweise betriebsfertig, installiert; spezielles
Interesse beansprucht der Dieselmotor, der jetzt als
Antriebsmasehine für Unterseeboote die meiste Ver
wendung findet. Der Dieselmotor ist deshalb für die
Unterseeboote besonders praktisch, weil er mit einem
schwer entzündlichen Brennstoff (Öl) gespeist wird und
schon dadurch eine große Betriebssicherheit gewähr
leistet. Er dient in den Unterseeboten zum Antrieb
des Fahrzeuges bei der Fahrt über Wasser; bei der Fahrt
im Wasser sind es die im Innern des Bootes installierten
Elektromotoren, die als Triebmaschinen funktionieren.
Der elektrische Strom zur Betreibung der Motoren
stammt von einer Akkumulatorenbatterie, deren Ladung
durch einen Dynamo erfolgt, der seinerseits durch den
Dieselmotor in Rotation gebracht wird.
Vom Saal der Schiffsmaschinen begeben wir uns in
die Räume, in denen die ebenso kostbaren wie exakt
gearbeiteten Modelle der Kriegsschiffe allci Zeiten
und fast aller Völker zur Schau gestellt sind. Chrono
logisch geordnet, erblicken wir zuerst die Kriegsschiffe
des Altertums und lernen deren Ausrüstung und Taktik
kennen. Die Kriegsschiffe des Mittelalters haben ganz
andere Konstruktionen wie die, die nach der Erfindung
des Schießpulvers und der Feuergeschütze aufkamen.
Eine gewaltige Umgestaltung brachte die Einführung
der Dampfmaschine als bewegende Kraft mit sich; sie
war der Anlaß, daß die Segelkriegsschiffc in kürzester
Zeit gänzlich verschwanden.
Die eigentliche — man darf sagen mit ungestümer
Hast vorwärtseilende — Entwicklung der Kriegsschiffe
setzte erst mit der Verbesserung der Dampfmaschine
und dann mit der Einführung der eisernen Panzerung
ein. Gerade die Entwicklung des Schiffspanzerschutzes,
ferner die Anordnung der Geschütze wird durch viele
instruktive Modelle dargestellt.
Den Hauptanziehungspunkt für die Besucher bilden
die neuesten Kriegsschiff typen, die „Dreadnoughts“
und „Überdreadnoughts“. Ein modernes, deutsches
Schiff dieser Art wird durch das Modell der „Rheinland“
repräsentiert. Die Nachbildung gewährt einen Einblick
in das System der Panzerungen, die je nach der Stelle,
die geschützt werden soll, in ihrer Stärke usw. variieren.
Von der Steuerbordseite -— es ist die sogenannte vor
nehme Seite, von der aus die Offiziere und Gäste das
Schiff betreten — aus bemerken war im Vorderteil
des Meeresriesen besondere, durch Eisenplatten ab
getönte Hohlräume; es sipd die Kollisionsschotten, die
den Hauptteil des Schiffes vor dem Einbruch des
Wassers bewahren, wenn das Fahrzeug mit einem andern
kollidiert.
Die „Rheinland“ gehört zu den Turmschiffen, das
heißt, die schweren Geschütze sind in gepanzerten
Türmen untergebracht; im Modell ist die Anordnung
der schweren und der vorderen Mittelartillerie veran
schaulicht. Der empfindlichste Teil, gewissermaßen das
Zentralnervensystem des Schiffes, ist der Stand, wo der
Kommandostab seinen Sitz hat. Von hier aus wird nicht
nur das ganze Schiff geleitet, sondern fast auch jede
Einzelheit im Gefechtsfalle bestimmt. Elektrische
Leitungen verbinden den Kommandanten und seine
Mitarbeiter mit allen Winkeln der schwimmenden
Festung. Ein Druck auf den Knopf des Telegraphen, ein
Hebelgriff, ein leis’ geflüstertes Wort in den Laut
sprecher, können im Nu die Situation des Schiffes, den
Lauf der Schlacht verändern.
Im hinteren Teil der „Rheinland“ bemerken wir das
TorpedolanHerrohr: aus ihm verläßt der Torpedo den
Schiffskörper und eilt mit einer Geschwindigkeit, die
40 Kilometer und mehr in der Stunde betragen kann,
auf sein Ziel zu. Die Schußentfernungen Und c eit dem
russisch-japanischen Kriege erheblich gesteigert worden;
die Preise der Torpedos haben sich ebenfalls erhöht,
jeder Schuß stellt sich auf J.8.000 bis 20.000 Mark.
Danach ist der Torpedo die teuerste Waffe, die wir haben,
aber auch die wirksamste. Die Fabrikation der Torpedo
boote —■ ein Boot kostet zwischen 1% bis 2 Millionen
Mark — hat in den letzten Jahren riesig zugenommen
und fast alle Nationen schenken dem Bau der Untersee
boote die allergrößte Aufmerksamkeit.
Die Entwicklung der Unterseeboote* ist durch
Bilder und Modelle veranschaulicht; wie sie.sich in der
Praxis bewähren, und welchesSystem in der Rivalität der
Nationen den Erfolg an sich reißt, wird die nächste
Zukunft lehren. Pis ist aber nicht allein die Technik,
die gerade unseren Unterseebooten schon zu Siegen
verhalf; die starre Materie wurde lebend unter dem
Geiste, der sie beherrscht, flammende Begeisterung
leitete sie, der Enthusiasmus machte sie fügsam, und
ohne diesen Enthusiasmus wird im friedlichen Wett
bewerb wie im Waffengange keine Staatskunst und
keine Kriegswissenschaft zum Siege führen.“
* Die Versuche mit Tauchbooten gehen bis ins 17. Jahr
hundert zurück. Im Jahre 1624 versuchte Kornelius Drebbel
ein Unter wasserboot auf der Themse. Die Fortbewegung erfolgte
durch zwölf Ruder, die durch Ledermanschetten im Schiff abge
dichtet waren. Während des zweistündigen Versuchs lief dasFahr-
zeug in 15 Fuß Tiefe unter Wasser. Im Jahre 1648 beschäftigt
sich Wi lki n s in seinem Buch „Mathematical Magick“, 2. Teil,
Kapitel 6, mit dem Problem des Unterseebootes und 1653 kon
struierte ein Franzose in Rotterdam ein Unterseeboot.