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Volltext: Monatszeitschrift XXIV (1921 / Heft 5 und 6)

Unerschöpflichkeit in der Gewanderiindung ausgebreitet, die die Freisinger- 
iiguren nur erschließen lassen und sicher auch ausgebreitet haben, als sie 
vollzählig waren. Identisch ist keine einzige Draperie auf den Braunschweiger 
Zeichnungen mit einer der beiden Klostemeuburger, es kommt auch weder 
die fließende Diagonale von Eins noch das Gesimsspruchband von Zwei 
in dieser Form vor. Aber die „innere Verwandtschaft" ist stark genug, in 
Einzelheiten und in Gesamtentwürfen (zu Eins; Zwei steht den Zeichnungen 
ferner). Allerdings ist auf den Zeichnungen alles mehr bloße Melodie. Daß sie 
nicht raumhaltig sind, ist selbstverständlich. Aber eine Berührung des Meisters 
der Freisingerfiguren mit den Kreisen, in denen man die Braunschweiger 
Skizzen herumgezeigt hat, wird nicht unwahrscheinlich dadurch, daß in den 
Händen eines geborenen Bildhauers alles Raumkraft bekommen kannf" 
Der Reichtum der Braunschweiger Zeichnungen wird mit an der Un- 
gebundenheit der Skizze liegen. Das Tafelbild konnte sich das sobald nicht 
leisten. Auch Skulpturen sind an den überlieferten Typen -- wenigstens zu 
messen. Auch unsere beiden Figuren; so selbständig auch ihre Entwürfe sind. 
Die Zeit gewinnt für die Drapierung einen bestimmten Kompositions- 
typus; ungefähr zur Wende des zweiten Jahrzehnts wird er fertig. Dazu 
gehören seitlich an die Arme die gebündelten Röhren oder Trichter mit den 
Saumwellen darauf; an die Front kommen starke I-Iängefalten, von denen 
zwei aus der gleichen Achse gegeneinander verschoben sind (diese Ver- 
schiebung ist wesentlichl); unten schleift das Tuch aus, gleichfalls in be- 
stimmten Formeln, beim vollen Typus in einer Falte, die vom Knie des vor- 
gestellten Beines schräg nach unten geht. 7 Einen festeren Rahmen für die 
Gewandordnung hat die deutsche Plastik nie gehabt. Er hat nicht geherrscht, 
dazu war diese Zeit viel zu schöpferisch, auch in der Gewandertindung, 
reicher ist die deutsche Plastik nie gewesen; er ist aber doch der Kompo- 
sitionstypus des Zeitabschnitts, weil ihn unzählige Figuren haben und dar- 
unter einige von sehr hohem Rang. Neben ihm einen andern Typus hat es 
nicht gegeben; neben ihm wurden selbständige Drapierungen erfunden, 
oder Kompositionen des XIV. jahrhunderts lebten weiter; oder - produk- 
tive Zeiten mit neuen Ansätzen haben immer etwas für Restriktion der 
Motive übrig - die Draperie als Ganzes ist blockhaft, wenig gegliedert und 
verhältnismäßig seicht im Relief. """ 
Unser Typus ist auch in Italien, wenigstens in Florenz, ausgebildet 
worden. Ghiberti bringt ihn mehrmals, ausgezeichnet durchgeführt am 
f Malereien in der Art der Braunschweiger Zeichnungen, wie die Haupttiguren auf der Marienkrönung 
der Graudenzer katholischen Pfarrkirche (abgebildet Burger, x76) bleiben in der Fläche. Im Relief ist die einzige 
mir bekannte Spur der Braunschweiger Zeichnungen auf der Prager Teinkirchenkreuzigung bei der Maria vorn 
am Boden die sehr eigentümliche breite, teigige Schleife im Auflager. (Abgebildet bei Stix a. 0.) 
Die böhmische Abkunft des Braunschweiger Skizzenbuches wird hier als anerkannt vorausgesetzt. Wahr- 
scheinlich wird die Frage doch wieder gestellt werden müssen, dann aber im Zusammenhang mit dem ganzen 
Zeichnungswesen der Zeit. Neuwirths Publikation stammt noch vom jahre 1897. 
'" Auf Einfachheit wurde vielfach auch das Neue entworfen; ein feines Beispiel die Anna von Dalberg in 
der Oppenheimer Katharinenkirche (abgebildet bei Bürger, Back u. 3.). „Man tut gut," sagt Back, „sich die äußerst 
einfache Gewandbehandlung dieses Werkes gegenwärtig zu halten. Der künstlerische Wille der Zeit ging durchaus 
nicht auf in der reichen, stark bewegten Draperie der gleichzeitigen Bischofsdenkmäler des Mainzer Doms".
	        
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