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Täufer von Or San Michele von 14x43" Donatello hat ihn seiner kleinen
frühen Madonna gegebenß": die drei Motive sind hier sehr zurückgehalten,
aber doch ganz klar, die gegeneinander verschobenen Hänge vorn, die seit-
lichen Undulierungen und das Ausschleifen unten (auch die Umkrempung
unten mit dem Dreieck und der großen Kurve ist in Deutschland sehr typisch).
- Der Typus, als Motivgruppierung, scheint nicht auf einmal entstanden zu
sein, beispielsweise der Sigismund vom Prager Altstädter Brückenturm hat
die gegeneinander verschobenen Hänge, auch die seitlichen Undulierungen,
aber noch keine Schleiffalte untenfkt" - Sehr merkwürdig ist das Verhalten
der Krumauer Madonna zum Typus. Sie hat starke und schöne Saurnwellen-
röhren auf beiden Seiten, die verschobenen Hänge großartig; aber dann hat
sie gegenüber dem Typus etwas zu viel: die prachtvolle riesige Schüssel
unten. Denkt man sich aber den hintern Rand weg, dann sieht man den
Typus rein. Dann ist der vordere Rand die vom vorgestellten Knie (hier
sogar vom Oberschenkel) auf den Boden gehende
Schräge; vom Knie gabelt sich auf die andere Seite
eine kleinere Schräge, wie das bei den reicheren
Typusformen vorkommt, und die Gabelung wird
unterstrichen durch den Saum und durch die
Staufalten unten. Man kann die Krumauer Ma-
donna neben die in St. Sebald in Nürnberglegen -
das ist das angesehenste Beispiel des ausgereiften
Typus und mit Rechtfr In diesen rund dreißig
Jahren hat sich genug geändert, alle Einzelheiten,
die Stellung, die Proportionen, zu schweigen vom
Kopf, der aus einer andern Welt stammt; aber die
konstitutiven Bestandteile der in der Nürnberger
Figur vollendeten Gewandkomposition hat die
böhmische schon, und das ist viel.
Was ist das für ein Verlust, daß uns vom
Statuenzyklus der Wehingerkapelle bloß diese
zwei erhalten sind! Wahrscheinlich waren alle
unter sich so verschieden und jede so eine Ge-
staltungsidee für sich wie diese zwei. An diesen
zweien jedenfalls - wenn man von allem absieht,
ä In den beiden andern Statuen, dem Matthäus von x4rg und
dem Stephanus der zwanziger Jahre, gibt er das Schema auf. (Die Statuen
sind nebeneinander abgebildet bei Schubring im Burgerschen Handbuch.)
"a" Heute irn Kaiser Friedrich-Museum (abgebildet im Schott-
müllerschen Katalog und bei Schubring a. 0.). '
"i" Abgebildet bei Stix, Jahrbuch der Zentralkommission rgo8;
nach Stix stammen die Brückenturmfxguren aus der ersten Hälfte der
neunziger jahre.
1' Vielfach abgebildet, u. a. irn Blauen Buch von Sauerlandt
über deutsche Plastik des Mittelalters; allerdings hier für den Vergleich
mit Emsts Abbildung der Krumauer Madonna nach einer Aufnahme zu
weit von links.
Statue Zwei