Über den erwähnten südlichen Rundturm des Nordteils werden wir noch
zu größerer Klarheit gelangen, wenn wir den nächsten, mittleren, Teil der
Burg kennen gelernt haben; denn die Quellen, die einen Teil betreffen, be-
ziehen sich natürlich oft auch auf einen anstoßenden, schon um beide gegen-
seitig voneinander abzugrenzen.
Wir wollen uns also gleich der Betrachtung des mittleren Bauteiles (auf
Abb. 13; 17 und 18) zuwenden. Durch die großen Renaissancefenster des
obersten Stockwerkes und durch drei halbrund heraustretende Halbtürme
wird dieser Abschnitt des Baus deutlich genug aus dem Ganzen heraus-
gehoben. Schon die I-Iöhe und der weite Abstand der Fenster lassen uns im
obersten Geschoß etwas Besonderes erwarten. Zweifellos ist hier auch der
große „Saal" zu suchen, von dem uns zahlreiche alte Nachrichten melden und
den uns auch Querschnitt (Abb. 14) und Grundriß (Abb. n) an dieser Stelle
zeigen. Für den auf Abbildung r 3 (17, 18) in Erscheinung tretenden Zustand
des Äußeren bietet uns vor allem der schon erwähnte Bauvertrag des
Jahres 1536 Aufklärung. Dieser Vertrag betrifft den Neubau des im Jahre
1534 an derselben Stelle niedergebrannten alten Saalbaus und wurde am
27. Juni 1536 zwischen den Vertretern der Tirolischen Regierung und dem
Baumeister Lucius de Spacis (Spazio) abgeschlossen."
Es ist geradezu überraschend, wie sehr trotz späterer Änderungen
Aufriß und Vertrag miteinander übereinstimmen, sich wechselseitig ergänzen
und erklären. Wir erfahren aus dem Vertrage zunächst, daß Meister Lucius
Zeichnungen und ein I-Iolzmodell vorgelegt habe und verpfiichtet worden
sei, den Bau danach auszuführen. Am Schlusse des Vertrages wird Jörg
Kölderer, dessen umfassende Tätigkeit an der Burg wir noch kennen lernen
werden, zum „Aufseher" über den Bau bestellt."
Als eine Hauptsache, die auszuführen ist, werden dann fünf „Halbtürme"
(halbfhurn) angeführt; drei davon sollen im Graben, zwei im Hofe, alle von
Grund auf neu errichtet werdenfb" Es wird dabei erwähnt, daß sie mit
dem vorhandenen Mauerwerk zu verbinden seien und teilweise vor alte
Fenster kämen. Die drei Halbtürrne der Grabenseite können wir nun auf
unserer Darstellung und auf den Grundrissen deutlich erkennenxl- Diese
Türme sollen sich, wie es im Vertrage weiter heißt, bis zum Fußboden des
Saales verjüngen und oben Achteckfenster mit je drei lichten besitzen. Wie
schon erwähnt und auf dem Aufriß und dem Grundriß zu erkennen, sind
die obersten Teile der sonst runden Türme tatsächlich aus dem Acht-
ecke gebildet. Bei dem südlichsten Halbturme geht die Achteckbildung
sogar durch beide Obergeschosse; doch liegt hier, wie wir noch sehen
" KS. 7x1, Reg. zorz. Näheres über die verschiedenen Spazio wird sich besser bei anderer Gelegenheit
bringen lassen, hier sei nur erwähnt, daß Lucius sich laut Raith. x 538 f. 278 (Reg. 108!) anheim gen Trient
verfügen wollte und im Jahre x54: als ain alter gsöll (Gesell) bezeichne: wird wund khain lange zeit auf jn
zu passen sei.
'" Auch bei Kölderer wird es zweckmäßiger sein, Näheres an anderer Stelle zu bringen; siehe unter
anderen: Konrad Fisehnaler „Jörg Kölderer . . 3', Zeitschrift des Ferdinandeums 1902, Seite 305 H.
w" Fünf new halbthurn, von grundt auf zupawen . . .
1' Auf den Plänen wechseln allerdings die Verhältnisse der Türme untereinander.