erkennen zu wollen." Später sah man die Unmöglichkeit dieser Bestimmung
wohl ein, wagte dann aber eine nähere Bezeichnung überhaupt nicht mehr."
Über die „Ottoburg" selbst werden wir noch zu sprechen haben.
Von den beiden Burgdarstellungen sei hier zunächst die als Abbildung 19
wiedergegebene betrachtet. Wir gewahren hier geradezu im Mittelgrund
einen querlaufenden, oben in Fachwerk ausgeführten Gang und rechts davon
einen besonders hohen Bauteil. Aus diesem tritt ein Türmchen hervor, das
drei kleine Fenster zeigt, aber offenbar fünf hatte. Vorn an der Ecke erkennen
wir an dem hohen Bauteil noch ein übereck gestelltes Fenster. Wir sehen
hier also zwei der Ausbauten, die wir oben für das „Paradeis" überliefert
gefunden haben. Das viereckig vertretende Fenster gegen das Frauenzimmer,
das als Drittes hinzukäme, kann einfach durch das Türmchen verdeckt seinfhk"
Aber auch die ganze Lage und Höhe des emporragenden Bauteils stimmen
zu dem Bilde, das wir uns nach den angeführten Berichten des Jahres 1510
vom „Paradeise" machen IIIÜSSEILT
Wie wir aus späteren Quellen ersehen, hatte das „Paradeis" ebenso
wie der alte Saal eine aus Holz gewölbte DeckesH Während aber beim Saal
die Längsrichtung der Tonnenwölbung von Nord nach Süd lief, war sie hier
quer auf die Längsrichtung des Hauptflügels der Burg gestellt. Das kleine
abgerundete Fenster, das wir bei Dürer an diesem Bauteile oben gewahren,
könnte also der westlichen Schildmauer unter der Wölbung angehören und
diese selbst könnte in das Dach einschneiden. Auch entspräche das Höher-
führen des Mauerwerkes gegen die Mitte des Bauteils einer solchen Anlage.
Bezeichnend ist, daß das Tor des Querganges sich etwa dort befindet,
wo der Durchgang von dem vorderen in den hinteren Hof noch auf dem
späteren Plan (Abb. 8) erscheint; diese Lage war eben durch die Schmalheit
des hinteren Hofes bedingt.
Jenseits des Querganges, den wir zuerst im Hofe bemerkt haben, liegt
dann die hintere (vergäterte) burg oder das Frauenzimmer. Der rückwärtige
(nördliche) Teil des Frauenzimmers, der mit zwei gleichlaufenden Walm-
dächern bedeckt ist, erscheint auch auf den Grundrissen (Abb. 7ff.) breiter
als der vordere (südlichere). Es ist der Teil der Burg, in dem sich unten die
bereits erwähnten, heute noch vorhandenen, spitzbogigen Gewölbe befinden.
Unverkennbar durch seine Lage und Dachform ist dann der Turm, dessen
' Von Schönbrunner ausgesprochen, siehe Meder, Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlung des
Kaiserhauses, XXX. (Wien, rgrrüz) Seite zur.
i" Vgl. des Verfassers „Baugeschichte der Wiener Hofburg" (14. Band der Österr. Kunsttopographie)
Abb. 3x und 32, wo die Bezeichnung „Ottoburgä wie schon vorher bei Schönbrunner und Meder „Handzeich-
nungen alter Meister" (Nr. 83 und 84), als fraglich gekennzeichnet ist. _ Beide Blätter in Lichtdruck bei Friedr.
Lipprnann „Zeichnungen von Albrecht Dürer" (Berlin, rgo5) T. 452 und 453; Text dazu von Meder. Die eine
Ansicht (unsere Abb. zo) bei K. Rapke "Die Perspektive und Architektur auf den Dürer-sehen Handzeiclmungen . . ."
Straßburg rgoz (Tafel 3, mit eingezeichneten perspektivischen Linien). - Über einen neueren Erklärungsversuch
siehe Seite x75, Anmerkung "E
t" Der unmittelbar links von dem Türmchen sichtbare Erker gehört wohl dem weiter zurückliegenden
Bauteil an.
1' Daß der turmarüge Bau am Paradeise vielleicht um eine Kleinigkeit zu weit zurückgeschoben ist,
darf wohl nicht irre machen.
H Zur Wölbung des Paradeises, siehe Reg. 6737 und 5784.