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Volltext: Monatszeitschrift XXIV (1921 / Heft 7, 8, 9 und 10)

hohen Turm, der offenbar von einem Baugerüst umgeben ist. Man wußte 
wohl immer, daß der Turm der jakobskirche (Pfarrkirche) ganz anderswo 
erscheinen müßte, nämlich hinter dem Kräuterturm, den Dürer von seinem 
Standpunkt aus gerade vor sich hatte, ja daß er allenfalls durch diesen Turm 
verdeckt sein konnte; trotzdem hat man angenommen, daß in dem hohen Turm 
der Jakobsturm dargestellt wäre. Wenn Schönherr aber zum Beispiel meint, 
daß Dürer bei der Zeichnung eben „dem Postulat malerischer Gruppierung 
etwas mehr als der Wirklichkeit Rechnung getragen" habe, so meinen wir, 
daß diese Annahme doch etwas zu weit geht;"' denn hier käme nicht eine im 
früher besprochenen Sinn erklärbare Verschiebung im einzelnen in Betracht, 
sondern unsere ganze Auffassung von Dürers Wirklichkeitssinn und „Ach- 
tung vor dem Ding" käme in Frage. So meint denn auch Meder", daß man 
in dem hohen Turme den „Wappenturm" zu erkennen habe. Sicherlich 
spricht die allgemeine Lage des Turmes im Stadtbilde für diese Annahme, 
aber auch die Darstellung im einzelnen. Die Spitzen unten neben dem hohen 
Dachhelme lassen sich jedenfalls leichter als Dächer der uns sonst auch 
überlieferten Erker an den Ecken des Turmes erklären, denn als die schrägen 
Giebelmauem des jakobsturmes (vergleiche Abb. z2).""" Die „gewaltige Höhe" 
des Dachwerkes auf dem Wappenturm wird in der bereits kurz erwähnten und 
noch zu besprechenden Urkunde des Jahres 1522 besonders hervorgehoben-l- 
Wenn Dürers Darstellung hier gleichwohl übertreibt, wie schon ein Vergleich 
mit dem weiter rechts erscheinenden Stadtturm erkennen läßt, so machen 
sich hier eben die früher erwähnten Gesichtspunkte geltend. Die malerische 
Erscheinung des Turms, besonders durch das herumgelegte Gerüst, mochte 
das Auge des Künstlers mehr auf sich gezogen haben als anderes und der 
Turm mag dadurch über das Maß hinausgewachsen sein, das ihm innerhalb 
des Gesamtbildes zukam. Das Gerüstwerk selbst läßt sich aber, wenn wir an 
Dürers erste Reise denken, also an die Zeit von 1495 auf 1496, nicht nur aufs 
Leichteste erklären, sondern wir müssen es für diese Zeit eigentlich geradezu 
voraussetzen. Wir finden am südöstlichen Erker des Turmes die jahres- 
zahl 1496; sie kann sich wohl nur auf den Abschluß des eigentlichen Baues 
und den Beginn der Bemalung beziehen, während die Jahreszahl 149g unter 
dem Bildnisse Kölderers offenbar die Beendigung der Malerei bezeichnet. 
Der Hauptteil des Gerüstes muß jedenfalls bis zur Vollendung der Malerei 
stehen geblieben sein; in der Zeit um 1495196 war aber wohl auch noch 
der Dachhelm eingerüstet; es war dies schon der Deckung des Daches wegen 
nötig, die doch gewiß den eigentlichen Bau abschloßrlrl" 
3 Schönherr: „Die vier ältesten Ansichten von Innsbruck". Ges. Schr. 1., Seite x25 
"ä „Neue Beiträge zur Dürer-Forschung" (a. a. 0.), Seite 200. 
H" Desgleichen auf dem Bilde von Scbell im Ferdinandeum. Für die Burg selbst kommt das Schelfsche 
Bild kaum in Betracht, da sie dort ganz im Hintergrunde und verdeckt liegt; höchstens den Wappenturm könnte 
man feststehen, aber auch der ist nicht ganz klar. 
1' Von und an die fürstliche Durchlaucht 152i, 1522 f. 243' und 244. 
H- Auf die Bedeutung des Gerüstes für die Datierung hat auch schon H. Hammer („Das bsugeschichtliche 
Charakterbild Innsbrucks", Innsbrucker Sonntagsblatt tgiy, Nr. 8) hingewiesen. Nach Schönherr „Kunstbestre- 
bungen Erzherzogs Siegmund von Tyrol" (Jahrb. der Kunstsamml. des Kaiserbauses 1-1883 s Seite x82 ff.) wäre 
der Wappenturm im jahre 148g vorn Hofmsurer Niclas (siehe Seite 15x) errichtet werden; das wäre also vor der
	        
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