ungefähr in der Richtung, wie sie in Wien durch den Hofarchitekten Maria
Theresias, Paccassi, vertreten wurde (Abb. 25). Auch sind wir durch diese
scheinbar geschlossene Schöpfung des XVIII. Jahrhunderts wenigstens davor
bewahrt geblieben, daß eine spätere, kaum verwichene Zeit auf den Gedanken
verfiel, die alte Burg „uriederherzustellenß wie es wohl geschehen wäre,
wenn vom Alten deutlichere Reste noch in diese Zeit hineingeragt hätten.
Wir hätten dann aber weder ein Altes noch ein Neues, während wir heute,
unbeeiniiußt durch „Restauration" eines willkürlich herausgegriffenen und
dann sicherlich mißverstandenen Zeitabschnittes, uns wenigstens vor dem
geistigen Auge das Alte in seinen verschiedenen Wandlungen wieder ver-
anschaulichen und dieses Bild, den Fortschritten unserer Erkenntnis ent-
sprechend, immer wieder verbessern können.
Wie gesagt, konnten wir nur einen Anfang dazu machen. Und wenn
wir uns zunächst auf einen Teil beschränkt und manches bewußt unent-
schieden gelassen haben, so ist es auch deshalb geschehen, weil wir nur zu
wohl wissen, daß gerade dann, wenn von irgendeiner Seite einmal einem
Gegenstande nähergetreten und die Aufmerksamkeit auf ihn hingelenkt ist,
gewöhnlich bis dahin übersehene Hilfsmittel zur Erforschung ans Tageslicht
kommen. So wird es gewiß auch hier ergehen und man wird manches
berichtigen und ergänzen müssen. Zwei Hauptergebnisse glauben wir aber
doch als sicher hinstellen zu können: zunächst, daß die Anfänge der Burg
um etwa drei Menschenalter weiter zurückreichen, als man bisher gemeinhin
angenommen hat. Diese Feststellung scheint allerdings allen Erfahrungen zu
widersprechen, die man sonst bei Erforschung alter Gebäude macht; denn
gewöhnlich werden Bauten durch die volkstümliche Überlieferung älter
gemacht, als sie wirklich sind. Ein Hauptgesetz solcher Irrungen gilt aber
auch hier: der Bau blieb mit dem volkstümlichsten Namen - hier dem
Maximilians - und einem besonders sinnfälligen Ereignisse f der zweiten
Heirat dieses Fürsten - verknüpft; das weniger Eindrucksvolle verlor sich
dagegen.
Das zweite I-Iauptergebnis ist, daß die Dürerschen Ansichten eines
Schloßhofes tatsächlich die alte Innsbrucker Burg im Zustande um das
Jahr 1495 darstellen. Wir haben nicht mehr eine beliebige Burg vor uns, an
deren genauer Wiedergabe wir allenfalls zweifeln können; wir dürfen nun
auch den Einzelheiten ganz anderes Gewicht beilegen als es sonst der Fall
wäre, und können nun mit größerer Sicherheit weitergehende kunstgeschicht-
liche Schlüsse aus den dargestellten Bauformen ziehen. Wir glauben aber,
daß nicht nur für die Geschichte der Innsbrucker Burg und der tirolischen
Kunstgeschichte im allgemeinen, sondern auch für unsere Auffassung Dürers
selbst nicht Unwesentliches gewonnen ist, haben wir hier doch (neben der
Trienter Schloßansicht) vielleicht die älteste, wirklich eingehende Darstellung
einer mittelalterlichen Burg, ja überhaupt eines mittelalterlichen weltlichen
Gebäudes, vor uns. Und daß wir sie gerade Dürer verdanken, ist natürlich
mehr als ein Zufall.