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Volltext: Monatszeitschrift XXIV (1921 / Heft 7, 8, 9 und 10)

IN NEUES WERK ÜBER SAMMLERMARKEN." Noch in seiner 
edelsten Erscheinungsform verkündet der Sammeltrieb den der menschlichen Natur 
tief eingewurzelten Wunsch nach persönlichem Eigentum. Den Erwerbern von Büchern 
und Kunstwerken, die in der Freude erfüllter Hoffnung ihre Schätze mit einem Besitz- 
vermerke versehen, ist es nicht allein um deren Sicherung gegen Diebstahl zu tun; bewußt 
oder unbewußt verfolgen sie gleichzeitig die Absicht, künftigen Geschlechtern den Ruhm 
ihres Mäzenatentums vor Augen zu führen. Auf dieser Funktion beruht die mannigfaltige 
kultur- und kunstgeschichtliche Bedeutung der sogenannten „Sammlermarken", die etwa 
seit dem Beginne des XVII. jahrhunderts graphischen Blättern statt des handschriftlichen 
Namenszuges aufgedruckt oder eingepreßt zu werden pflegen. Gegenüber dem Ex-Libris, 
das schon vermöge seiner künstlerischen Gestaltungsfähigkeit in den Mittelpunkt reger 
Sonderforschung gerückt und - seinem ursprünglichen Sinne entfremdet 7 zuguterletzt 
sogar an und für sich zum begehrten Sammelgegenstand geworden ist, hat man den 
Sammlermarken ob ihres viel schmuckloseren Auftretens gemeinhin eine unverhältnismäßig 
geringere Beachtung geschenkt. Und dennoch bedarf es nur weniger Erwägungen, um ihr 
systematisches Studium zu befürworten. Vor allem bewährt auch diese Gattung von Eigner- 
zeichen ihren unvergleichlichen Quellenwert für die Entwicklungsgeschichte des Sammel- 
wesens; wo Inventare, Kataloge und sonstige Behelfe versagen, vermitteln oft sie allein 
eine anschauliche Vorstellung von den einstigen Beständen der hervorragendsten „Kunst- 
kabinette". Ferner gestatten solche Besitzvermerke mancherlei Rückschlüsse auf die Eigen- 
schaften der Kunstwerke, denen sie einverleibt sind: Der vornehme „Pedigree" eines Siiches 
verbürgt im vorhinein die Qualität des Druckes, die alte Marke einer Zeichnung schützt 
zumindest vor demVerdacht moderner Fälschung, liefert einen (freilich recht unbestimmten) 
terminus ante quem der Datierung und kann gelegentlich vielleicht mitsprechen, wenn es 
den aus inneren Gründen erschlossenen Zusammenhang verstreuter Blätterfolgen von einer 
neuen Seite her zu bestätigen gilt. Aber auch um ihrer selbst willen beanspruchen die 
Sammlerzeichen einige Aufmerksamkeit. Die mitunter von Künstlerhand entworfenen 
Stempel werden nicht selten ein formales Interesse erwecken; neben dem ornamentalen 
Reiz monogrammatischer Letternverbindungen dürften schließlich noch graphologische 
und heraldisch-emblematische Momente in Frage kommen. 
Das vorliegende Werk ist das erste, das all diesen Gesichtspunkten vollauf gerecht zu 
werden vermag. Wie Lugt bereits in der faksimilegetreuen Wiedergabe der Marken, die 
auf Originalabdrücke der erlangbaren Stempel, auf zuverlässige Pausen und photographische 
Aufnahmen zurückgeht, seinen Vorgänger Fagan (Collectors' marks, X883) weit hinter sich 
läßt, so übertrifft er ihn nicht minder durch die Zahlenhöhe seines Verzeichnisses, das von 
671 zu 3026 Nummern emporsteigt; bei der Berichtigung älterer Irrtümer und Verwechs- 
lungen, bei der Bestimmung bisher ungedeuteter Zeichen hat erjeden erdenklichen Finger- 
zeig aufgespürt und geprüft. Das entscheidende Verdienst des Verfassers ist jedoch erst 
darin zu erblicken, daß er sich niemals gleich Fagan mit einer trockenen Zusammenstellung 
der Marken, Namen und Daten begnügt, sondern die Stempel stets zum Ausgang nimmt, 
um deren Inhaber und ihr Kunstgut in treffsicheren Zügen zu charakterisieren. Da öffentliche 
und private Sammlungen eine gleich liebevolle Behandlung erfahren, da des Autors 
„historische Notizen" - hierin nahezu ohne Vorbild _ anläßlich der aus einer Sammlung 
erwachsenen Versteigerungen neben der jeweils erzielten Gesamtsumme auch die Ziffem- 
ergebnisse der wichtigsten Einzelstücke mitzuteilen wissen, darf seine grenzenlose Mühe- 
waltung als die wesentlichste Vorarbeit zu einer allgemeinen Darstellung des Sammelwesens 
bezeichnet werden. Aus dieser Anlage des stattlichen Bandes, die etwa in dem J. P. Mariette 
gewidmeten Artikel ihren Gipfel erreicht, geht eine Reihe fruchtbarster Anregungen hervor. 
Durch den tiefen Einblick in die lnteressensphären der sammelnden Kunstfreunde, für deren 
Psychologie ja schon Zahl und Art der von ihnen gebrauchten Marken nicht ganz belanglos 
3'" Frits Lugt, Les Marques de Collecüons de Dessins et d'Estampes . . . avec des Notices historiques sur les 
Collectionneurs, les Collecüons, les Ventes, les Marchands et Editeurs etc. Amsterdamälereenigde Drukkerijen ig: i.
	        
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