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man sie auf echten Goldpapieren findet, denn von der Rückseite sieht man
die blanke Metalliiäche unter dem durchsichtigen Häutcben liegen. Die
Auswahl für Bindemittel war übrigens ziemlich ii-ei, da die Stoffe nicht
bestimmt waren, der Nässe zu trotzen. Es zeigt sich dies an dem Ver-
halten der Fäden gegen Wasser. Wenn man sie untertaucht, so quillt das
Häutchen rasch an, der Streifen lockert sich vom freien Ende und trennt
sich mehr und mehr von der gesponnenen Unterlage.
Der älteste Faden dieser Art gehört nach dem von competenter Seite
verfassten Kataloge einem orientalischen Gewebe des 11. Jahrhunderts an,
die neuesten finden sich, wie oben erwähnt, bei den niederrheinischen Bild-
stickern und Brocatwebern des 16. Jahrhunderts. Dazwischen liegen zahl-
reiche Stücke, welche als byzantinisch, maurisch-spanisch, lucchesischms. w.
bezeichnet werden, so dass die Fabrication dieser Fäden sich durch tiinf
Jahrhunderte und über den grössten Theil der damaligen industriellen Welt
erstreckt zu haben scheint.
Unter den von mir untersuchten Proben befanden sich drei, welche
von den übrigen wesentlich abwichen. Die organische Grundlage war
hier dicker, braun von Farbe und vollkommen undurchsichtig. Alle drei
waren echt, das soll heissen mit ganzem Golda, nicht mit Zwischgold ver-
goldet. Der eine der Stoffe war als byzantinisch (12. Jahrhundert) die beiden
anderen waren als orientalisch (ll. Jahrhundert) im Kataloge bezeichnet.
In den beiden letzteren war die Axe des Fadens Seide, was, wie bereits
Dr. Bock bemerkt hat, bei der vorher beschriebenen Art von Goldfaden
nicht vorkommt. Der braune umspinnende Streifen, der in diesen drei
Stücken die Vergoldung trug, war - Leder. So überraschend dieses Re-
sultat der mikroskopischen Untersuchung im ersten Augenblicke erscheint,
so muss man sich doch sagen, dass bei dem hohen Stande der Leder-
industrie dem Orientalen der Gedanke nicht fern liegen konnte, ein Ma-
terial, welches er so vortrefflich zu färben und zu vergolden verstand, zu
neuen Zwecken anzuwenden. Die Provenienz und Zubereitung des äusserst
dünnen vergoldeten Leders, aus dem diese mehr als liliputanischen Riemen
geschnitten wurden, habe ich nicht mehr ermitteln können.
Bekanntlich findet sich neben den erwähnten Goldfäden durch das
ganze Mittelalter hindurch auch der mit ganz metallischem Lahn umwickelte
Faden. An den ältesten Stoffen, die ich untersuchte und die dem 10. und
ll. Jahrhundert angehörten, war der Lahn ganz von Gold, doch schon an
einem Stoffe, der dem Kataloge nach dem 13. Jahrhundert angehörte, fand
ich vergoldeten Silberlahn. Er war auf einer Seite Gold, auf der anderen
Silber und die schmale Seiteniläche war silbern, so dass er also aus brei-
teren, auf einer Seite vergoldeten Silberstreifen geschnitten war. Erst später
erscheint der vergoldete Kupferlahn, der dann bei seiner Wohlfeilheit den
Lahn mit organischer Grundlage verdrängen konnte. Darf man dem letz-
teren noch wiederum eine Zukunß versprechen? Bei dem steigenden Preise
_ der Handarbeit und dem sinkenden Preise der Maschinenarbeit wird er