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Inschrift: M. FISCHER. PROF. FECIT. 1808. Joh. Martin Fischer (geb. 1740, gest. 1820),
war Prof. der Anatomie und Rath an der Akademie der bildenden Künste inWien, berühmt
durch seine anatomischen Vorlesungen und mehrere Werke. .
Das Museum hat ferner in der jüngsten Zeit hundert Zeichnungen von Herrn
E. Herdtle, Prof. bei der k. württembergischen (Zentralstelle für Handel und Gewerbe er-
worben. Prof. Herdtle hat diese Zeichnungen, deren Publication er sich vorbehielt, mit
einem Vorworte begleitet. Wir theilen dasselbe unseren Lesern mit, damit diejenigen, welche
die Zeichnungen im Museum oder durch dasselbe benützen wollen, über den Ursprung und
Zweck der Sammlung unterrichtet sind.
Diese Zeichnungen gemusterter Fliesse, wie sie während des ganzen Mittelalters und
noch in der Renaissance üblich waren, sind sämmtlich nach den Originalen selbst und zwar
in der natürlichen Grösse gezeichnet, in wenigen Füllen, wo hievon abgewichen wurde,
ist der Maasstab auf der Zeichnung Angegeben.
Es sind vorzugsweise die Bauten des gewerhdeissigcn Cistercienser Ordens, deren
Räume mit gemusterten Fliessen geschmückt erscheinen, und zwar stammen die meisten
Fliesse dieser Sammlung aus dem Cistercienserkloster Behenhausen, welches von Pfalze
graf Rudolf von Tübingen im Jahre 1187 gestiftet wurde. Der grosse Reichtbum an
gemusterten Fliessen dort erklärt sich hauptsächlich aus dem Umstande, dass dieses reiche
Kloster eine eigene Ziegelbrennerei betrieb und dass die Bauthätigkeit in demselben während
des ganzen Mittelalters dauerte, woher es auch kommt, dass diese Fliesse nach dem
Charakter ihrer Zeichnung den Zeitraum vorn Anfang des 13. bis zum Ende des 15. Jahr-
hunderts umfassen. - Bei den Regeln des Cistercienser Ordens, welche in künstlerischer
Ausschmiicknng der Kirchen- und Klosterriiunie schlichte Einfachheit verschrieben, sind
sämmtliche Muster, einige ausnahmsweise und sehr bescheidene Versuche abgerechnet, ohne
Farbe dargestellt. Die Zeichnung ist nur mit einem breiten Strich eingerissen, bei einzelnen
ist der Grund seicht ausgehoben, einige zeigen beide Verfahrungsarten. Diejenigen Fliesse,
welche Modellirung (Relief) zeigen, gehören zu den Ausnahmen. Zur Herstellung eines
Musters sind meist 7 bis 16 einzelne Fliesse nöthig. Die mit breitem Strich eingerissenen
Muster sind auf der Darstellung mit doppelten Linien (so z), die Muster mit ausgehobenem
Grunde in einfachem Umriss (so -) gezeichnet; bei denjenigen Fliessen, welche Belief
zeigen, sind die Profile auf der Zeichnung eingetragen.
Dass diese Fliesse durch Mode] hergestellt wurden, unterliegt wohl keinem Zweifel,
zweifelhaß aber ist, ob die vertiefte Zeichnung stets auch mit einer schwarzen Masse aus-
geiillt gewesen sei, da in Bebenhausen wenigstens eine solche Ausüillung nur an ein-
zelnen Exemplaren, und wie es scheint nur versuchsweise vorkommt; wohl aber scheint
man dic vertiefte Zeichnung beliebt zu haben, einmal um den Fussboden zu schmücken,
indem man ihm durch diese gemodelten Fliesse ein teppichartiges Aussehen gab, und dann,
um dem Fuss des darüber Hingehenden mehr Halt zu geben.
Ausser einigen Resten im Krcuzgang ist hauptsächlich die grosse Flur im Dorrni-
torium zu Bebenhauseu mit gemusterten Fliessen geschmückt, leider aber sind dieselben
nicht mehr in ihrer früheren Luge und kann die ursprüngliche Anordnung des ganzen
Bodens nicht mehr erkannt werden; sie muss jedenfalls eine sehr reiche gewesen sein, da
die dort noch vorhandenen Fliesse nicht weniger als 59 verschiedene Muster zeigen.
Was die künstlerische Seite dieser Fliesse betrifft, so gewinnt es fast den Anschein,
als ob die Erfinder der Muster beim Entbehren der Farbe um so grösseren Reichthum in
der Zeichnung zu entfalten bestrebt gewesen wären, denn sie zeigen bei aller Strenge des
Styls und Einfachheit der Zeichnung eine vollendete Schönheit und bewunderungswiirdige
Mannigfaltigkeit in der Composition. Die Muster sind zum Theil rein geometrische, zum
Theil aus Zweigen, Blättern, Blumen gebildet oder sind beide Zeichuungsarten gemischt;
einige zeigen neben dieser Verbindung auch Thiere. Aus der Pdnnzeuwelt begegnen wir
vorzugsweise dem Blatte der Weinrebe, der Eiche, des Weissdcrns, der Distel etc., dann
der Rose, der Lilie. der Aster etc., an Thieren dem Löwen, dem Leopard, dem Hund, dem
Adler, dem Fisch, dem Krebs und an symbolischen Figuren dem Kreuz.
Trotz der überraschenden Mannigfaltigkeit der Motive folgen siimmtliche Muster
einem und demselben Gesetz. Die Anordnung der Zeichnung ist nämlich, im richtigen
Verstßndniss der Aufgabe: eine horizontale Fläche zu schmücken, rein geometrisch; stimmt-
liche Muster, zwei ausgenommen, zeigen weder Fuss- noch Kopfende, vielmehr dehnen sie
sich nach nllen Richtungen gleichmässig aus und sind auch die zum Schmucke des geo-
metrischen Geripps verwendeten Zweige, Blätter, Blumen, selbst die Thicre so gezeichnet,
dass der Begrid" der Ebene nirgends aufgehoben ist.
Die Erscheinung, dass die durch Jahrhunderte gehenden Muster neben den an-
geiihrten Vorzügen der Composition einen sich gleichbleibenden strengen Charakter zeigen,
dürfte sich aus der Gewohnheit des ClsterciensereOrdens erklären, den Bedarf an künst-
lerischen (wie anderen) Kräften aus seinen Angehörigen nachzuziehen und sich gegenseitig
znzusenden, wodurch nothwendigerweise die Tradition der Kunstformen eine gleichmäßigere
und übereinstimmenden bleiben musste, als dies sonst der Fall gewesen wiirc.