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So muss denn leider constatirt werden, dass sich bisher auch nur Wenige veranlasst
fanden, die Hilfsmittel, die der Verein durch seine ziemlich zahlreiche Sammlung von
Photographien , Gypsmodellen und Druckwerken schon jetzt bieten kann, in Anspruch zu
nehmen.
Die 24 Hauptgruppen, in die das System der Sammlungen und Ausstellungen des
Vereines zerfällt, waren alle mehr oder weniger in der Gesammtzahl von 1007 Nummern
vertreten, darunter besonders die Gruppen: IV Eiuail, V Mosaik, VII Malerei, Xl Glas-
gefalsse, Xll Arbeiten aus gebrannter Erde, Thnn, XIII Arbeiten aus Holz, XIV Gerltths
in Elfenbein, Horn ete., XVII Eisenarbeiren, XX Goldschmiedekunst, XXIlI Allgemeines
Zeichuenstudium. In letzterer Gruppe überraschten und gefielen besonders die vom k. k.
Museum eingeschickten Zeichnungen aus der Scuola d'or-neun an der Akademie in Venedig;
indessen können wir nicht umhin zu bemerken, dass die Methode der Anfertigung uns
insofern nicht zweckmässig erscheint, als sie zu zeitraubend ist, und ausserdem die
Schatten durch zu deissiges Ausgleichen und Ausschummern häufig in ihrer wahren
Form beeinträchtiget werden. wodurch die plastische Wirkung theilweise geschwächt wird.
Wir beurtheilen diese Blätter natürlich als Schularbeiten und sind der Meinung, dass
eben ein Schüler bei einer Methode, die es gestatten wiirrle. mit weniger Zeitauf-
wand die Farben- und Schattcntöne mehr in ihrer wahren Form, wenn auch nicht so
in einander verschmolzen und mit Verzichtleistung auf miniaturartige Ausführung darzu-
stellen, weit mehr lernen würde und das Resultat den Kenner vielleicht noch mehr bs-
friedigen diirhe. Die zweite Nummer derselben Gruppe zeigt uns in 26 zum Theile colorirteu
Bleistißzeichuungen von J. R, v. Hempel einen Versuch, aus der Pflanzenwelt Ornamente
zu entwickeln, den wir als einen sehr gelungenen bezeichnen miissen, da wir überzeugt
sind, dass eine Einführung dieser Art Zeichneniibung in technischen Schulen, wo ohnedies
nebsthei Botanik gelehrt wird, von unberechenbaren: Nutzen wäre. Die Schüler wiirdeu durch
näheres Studium der Pdanzengestalten und Bekanntwerden mit deren schönen Linien und
Farbentönen nicht nur unbewusst an Schönheitsgefiihl und Geschmack gewinnen, was ihnen
später selbst bei Beuiitzung mittelalterlicher oder antiker Ornamente in Beziehung auf Aus-
wahl und Anwendung zu Statten käme. es würde ihnen dadurch auch der Weg gezeigt
neue Ornamente zu erfinden oder vielmehr die Motive dazu aus der Natur selbst zu
schöpfen. - Das iisterr. Museum hat die Ausstellung nebst den oben erwähnten Zeichnungen
noch mit einigen Prachtwerken, Mnster-Einbänden, Mustern von Email- und eingelegten
Arbeiten von Philipps in Paris, einer Serie von gewebten Spitzen aus der Heinrichs-
thaler Fabrik von Faber 8c Comp. und endlich mit einer grossen Anzahl höchst ge-
schmackvoller glasirter Thondiese aus der Minton'schen Fabrik in London beschickt.
Die Gruppe Malerei erregte allgemeines Interesse durch eine Reihe von 60 Miniaturen vom
I6. Jahrhundert bis auf unsere Zeit.
In der Generalversammlung des Vereins am ll. März wurde von Herrn Director
E i t e l b e r g e r die Ansicht ausgesprochen, dass eine Verschmelzung der drei steier-
märkischen Vereine, welche ähnliche Zwecke verfolgen, nämlich des Gewerbe-
vereines, Kunstindustrievereines und Kuustvereines in einen grössern
Verein wiinschenswerth wäre, indem der gegenwärtige Zustand ihm als eine Zersplitterung
der geistigen und materiellen Kräfte erscheine. Diese Ansicht (welche seither auch in dem
Aprilhette der „Mitthsilungen des Museums" zum Ausdrucke kam) fand bei den versammelten
Mitgliedern allgemeinen Beifall und es wurde in Folge dessen dem Ausschusss der Anf-
trag, eingehend zu Jierathen, in welcher Weise die Vereinigung anzubahnen oder ans-
zufiihren wäre, und sodann einer zu diesem Zwecke eigens eiuzuberufenden General-
versammlung das Ergebniss dieser Berathungen in Gestalt von Vorschlägen vorzulegen.
Auch uns erschien im ersten Augenblick dis Idee einer Verschmelzung der drei genannten
Vereine als eine sehr glückliche, und selbst jetzt noch wiirdeu wirderen Ausführung, wenn
selbe ohne Nachtheil fir das Ganze vor sich gehen könnte, in vieler Beziehung für wiin-
schcnswerth halten; allein bei näherer Betrachtung erheben sich so manche Bedenken dagegen.
Wenn wir zunächst den Gewerbeverein und den Kunstindnstrieverein in ihren Bestrebungen
und Leistungen vergleichsweise ins Auge fassen, so finden wir, dass beide Vereine wohl
in so fern ein ähnliches Ziel verfolgen, als ersterer die Hebung der Industrie im Allge-
meinen, letzterer speciell die der Kunstindustrie beabsichtigt. Es bildet sonach der Kunst-
industrieverein durch seine Tendenz gewissermassen einen integrirenden Theil oder viel-
mehr eine Ergänzung des Gewerbevereines, und es würde in dieser Richtung betrachtet
eine Vereinigung als leicht ausführbar erscheinen. Was uns aber schon allein als ein nicht
so leicht zu übersteigenden Hinderniss erscheint, ist der Umstand, dass der Kunstinduztrio-
verein die zu seinen Leistungen erforderlichen Geldmittel grösstentheils aus Quellen bezieht,
die bei einer schon jetzt stattfindenden Vereinigung beinahe gänzlich versiegen würden.
S0 weit die Wirksamkeit dieses Vereiues sich darauf bezieht, den Gewerhtreibenden die
Behelfe liir ihre Leistungen zu liefern, ihnen mit Bath und That an die Hand zu gehen,