sale haben, wie die Reiche und die Menschen. Wir erfahren, dass der
Schatz aus den etwaigen Hinterlassenschaften der einzelnen Deutschmeister,
Selbst der einzelnen Ordensmitglieder, gebildet wurde, welche der Nach-
folger einziehen und dem Vorhandenen hinzufügen durfte. Schon daraus
mögen wir abnehmen, dass der Schatz einmal weit bedeutender, werth-
voller und reicher war, als er sich gegenwärtig darstellt. In der That sind
seine heutigen Bestandtheile nur die Ueberreste einstiger Herrlichkeit, das,
was der Sturm der Zeiten übrig gelassen hat. Es sind schwere Zeiten
über den Orden gekommen. Albrecht von Brandenburg fiel ab und säcu-
larisirte den preussischen Besitz des Ordens, das Land und auch die Schätze
in der Marienburg und in Königsberg, und nannte sie sein. Nur ein In-
ventar ist noch da vom Jahre 1524, gerade vom letzten Jahre vor dieser
Säcularisirung. Das nächste Inventar ist vom Jahre 1526 zu Mergentheim
über den Kirchenschatz aufgenommen und zeigt, dass Reliquiarien und
Kirchengeräth aller Art von edlen Metallen und mit kostbaren Steinen
reichlich vorhanden waren. Spätere Inventare, die an verschiedenen Orten
aufgenommen wurden, zeigen uns zugleich, wie der Schatz in Kriegsnöthen
von einem Ort zum andern wandern musste, wobei es nicht ausbleiben
konnte, dass mancherlei werthvolle Stücke abhanden kamen. So war er
vom Jahre 163i an bis zum Jahre 1660, wo er in Mergentheim wieder
vereinigt wurde, fast fortwährend auf der Wanderung. Im Jahre 1673
musste er vor Ludwig XIV. wieder nach Regensburg flüchten und blieb
dort bis 1690. Seine letzte Reise war nach Wien im Jahre 1809, aber
auch hier hatte er keine Ruhe, denn die Geldnoth des Ordens, die dem
Schatze schon öfter weit härter zugesetzt hatte als die Reisen und selbst
der Diebstahl, zwangen ihn, fast alles gerettete Kirchensilber, die Silber-
statuen der zwölf Apostel und anderer Heiliger als Opfer für den Staa
in die Münze zu senden. '
So sind nur Reste übrig geblieben, aber diese Reste sind nicht nur
würdig genug, um die prachtvolle und kostbare Publication zu rechtferti-
gen, sondern sie bieten noch zahlreiche Beispiele, die wahre Zierden eines
Museums für Kunstindustrie sind. Wir nennen darunter in erster Linie,
was den Kunstwerth betrifft, eine Sammlung orientalischer Walfenstücke,
einen Säbel, auf dessen Scheide sich eine vergoldete Eidechse herabschlän-
gelt, einen anderen, dessen Griff und Scheide mit gediegenen ornamen-
tirten Golde beschlagen ist, insbesondere aber die Dolche von persischer
und indischer Arbeit, die wahrhaR leuchtende Muster für moderne Nach-
bildung sind. An Feinheit der Goldschmiedearbeit, an Schönheit und zier-
lichem Reize der theils getriebenen, theils tausehirten, theils niellirten und
emaillirten Ornamente, an Geschmack in der Verwendung der Edelsteine
können sie dem Schönsten, was sich von dieser Art im Besitz der Königin
von England oder im lndia-Mnseum in London belindet. mindestens an die