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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1866 / 11)

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Sammlungen werden Rauchmüller noch Elfenbeinschnitzereien zuge- 
schrieben; die unsere trägt seinen Namen und die Jahreszahl. 
Das 17. Jahrhundert benutzte das Elfenbein noch in anderer Weise. 
Der Kunstdrechsler, bemächtigte sich dieses feinen Stoffes, der gerade für 
seine Werke wie geschulten erscheint, und machte aus ihm jene fast un- 
begreiflich künstlichen Arbeiten, die noch heute die Wunder der Cahinette 
sind, jene Reihen von Kugeln, die beweglich in einander liegen, jene be- 
weglichen Augen, die Büchsen und Dosen von mehr als papierdiinner, 
transparenter Wandung, jene korbartigen, scheinbar geflochtenen Gefasse, 
jene WIIIIdGTVOll zierlichen Blumen, deren Blätter die Feinheit der Natur 
übertreffen; alles Arbeiten, die auch wohl als Zick'sche Arbeiten nach 
dem Namen der berühmten Nürnberger Drechslerfamilie bekannt sind. 
Eine dritte Verwendung des Elfenbeins iru 17. Jahrhundert übersah 
die plastischen Eigenschaften des Elfenbeins und suchte es vielmehr zu 
kupferstichartiger Wirkung zu bringen. Ebene Täfelchen wurden gravirt 
und die vertieften Linien mit Schwärze gleich Niello ausgefüllt. In dieser 
Weise wurden eben sowohl Ornamente wie reiche iigürliche Scenen aus- 
geführt und die Täfelchen sodann namentlich in schwarze Ebenholz- 
kästchen als Füllungen eingelegt, zahlreich auch Gewehrschäite und an- 
dere Gegenstände damit überzogen. ' 
Diese so reiche und verschiedenartige Benutzung des Elfenbeins hielt 
schon das 18. Jahrhundert nicht mehr aufrecht, aber es schuf noch in 
ziemlicher Menge religiöse Kunstwerke, insbesondere Crucitixe und Relief- 
tafeln mit figürlichen Scenen, welche in die Felder der kleinen Hausaltäre 
eingesetzt wurden. Alle diese Werke tragen aber durchaus den manierir- 
ten Styl der religiösen Werke des 18. Jahrhunderts. Auch führte es die 
künstliche Art der Elfenbeindrechslerei und Schnitzerei fort, jedoch ver- 
lief es sich dabei in Spielereien von äusserst minutiöser, ja mikrosko- 
pischer Ausführung, die man nur noch unter Glas bewahren, und man 
möchte sagen, nur noch unter der Lupe betrachten konnte. 
Ohne Zweifel liegt hierin schon eine Entartung, die vielleicht eben 
so sehr dazu beigetragen hat, das Elfenbein als Kunststoff im 19. Jahr- 
hundert in Misskredit zu bringen, wie der Verfall der modernen Kunst- 
industrie überhaupt. Nur in Indien und China blüht die Elfenbeinschnitzerei 
noch wie vor Jahrhunderten mit gleicher Virtuosität und in gleicher Aus- 
dehnung fort. 
An uns ist es nun gegenwärtig, diesen Kunstzweig auch in Europa 
wieder zu heben, was allerdings, soweit es die plastische Seite betrifft, 
nur im Zusammenhang mit der Bildhauerkunst geschehen kann. Sonst 
deuten mehrfache Zeichen darauf hin, dass der Stoff wieder langsam Gel- 
tung erlangt, ja man versucht ihn bereits künstlich zu imitiren, da die 
theueren Preise des Originals die ausgebreitete Anwendung erschweren. 
In Paris ätzt man das Elfenbein, wodurch ein leichtes Relief entsteht, und
	        
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