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Sammlungen werden Rauchmüller noch Elfenbeinschnitzereien zuge-
schrieben; die unsere trägt seinen Namen und die Jahreszahl.
Das 17. Jahrhundert benutzte das Elfenbein noch in anderer Weise.
Der Kunstdrechsler, bemächtigte sich dieses feinen Stoffes, der gerade für
seine Werke wie geschulten erscheint, und machte aus ihm jene fast un-
begreiflich künstlichen Arbeiten, die noch heute die Wunder der Cahinette
sind, jene Reihen von Kugeln, die beweglich in einander liegen, jene be-
weglichen Augen, die Büchsen und Dosen von mehr als papierdiinner,
transparenter Wandung, jene korbartigen, scheinbar geflochtenen Gefasse,
jene WIIIIdGTVOll zierlichen Blumen, deren Blätter die Feinheit der Natur
übertreffen; alles Arbeiten, die auch wohl als Zick'sche Arbeiten nach
dem Namen der berühmten Nürnberger Drechslerfamilie bekannt sind.
Eine dritte Verwendung des Elfenbeins iru 17. Jahrhundert übersah
die plastischen Eigenschaften des Elfenbeins und suchte es vielmehr zu
kupferstichartiger Wirkung zu bringen. Ebene Täfelchen wurden gravirt
und die vertieften Linien mit Schwärze gleich Niello ausgefüllt. In dieser
Weise wurden eben sowohl Ornamente wie reiche iigürliche Scenen aus-
geführt und die Täfelchen sodann namentlich in schwarze Ebenholz-
kästchen als Füllungen eingelegt, zahlreich auch Gewehrschäite und an-
dere Gegenstände damit überzogen. '
Diese so reiche und verschiedenartige Benutzung des Elfenbeins hielt
schon das 18. Jahrhundert nicht mehr aufrecht, aber es schuf noch in
ziemlicher Menge religiöse Kunstwerke, insbesondere Crucitixe und Relief-
tafeln mit figürlichen Scenen, welche in die Felder der kleinen Hausaltäre
eingesetzt wurden. Alle diese Werke tragen aber durchaus den manierir-
ten Styl der religiösen Werke des 18. Jahrhunderts. Auch führte es die
künstliche Art der Elfenbeindrechslerei und Schnitzerei fort, jedoch ver-
lief es sich dabei in Spielereien von äusserst minutiöser, ja mikrosko-
pischer Ausführung, die man nur noch unter Glas bewahren, und man
möchte sagen, nur noch unter der Lupe betrachten konnte.
Ohne Zweifel liegt hierin schon eine Entartung, die vielleicht eben
so sehr dazu beigetragen hat, das Elfenbein als Kunststoff im 19. Jahr-
hundert in Misskredit zu bringen, wie der Verfall der modernen Kunst-
industrie überhaupt. Nur in Indien und China blüht die Elfenbeinschnitzerei
noch wie vor Jahrhunderten mit gleicher Virtuosität und in gleicher Aus-
dehnung fort.
An uns ist es nun gegenwärtig, diesen Kunstzweig auch in Europa
wieder zu heben, was allerdings, soweit es die plastische Seite betrifft,
nur im Zusammenhang mit der Bildhauerkunst geschehen kann. Sonst
deuten mehrfache Zeichen darauf hin, dass der Stoff wieder langsam Gel-
tung erlangt, ja man versucht ihn bereits künstlich zu imitiren, da die
theueren Preise des Originals die ausgebreitete Anwendung erschweren.
In Paris ätzt man das Elfenbein, wodurch ein leichtes Relief entsteht, und