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Die Abtheilung fir Steingutkrüge und Fayancegefüsse ist gleichfalls durch
mehrere Exemplare vermehrt worden. Sie gehören meist der deutschen und der Delßer
Schule an. Auf die Gefiisse dieser Art können wir Techniker und Fabrikanten aus dem
Grunde nicht genug aufmerksam machen, da die Formen vornehmlich der Renaissancezeit an-
gehörig, gegenwärtig in Frankreich und England vielfach als Vorbilder benützt werden.
Ein besonderes Gewicht wurde auf die Vervollständigung der Abthcilnng von Wie-
ner Porzellan gelegt. Es wurden mehrere Lücken in der Geschichte der Entwicklung
der Porzellanfsbrik zweckmässig ausgefüllt, und gegenwärtig kann man, ohne Widerspruch
zu erfahren, behaupten, dass das österr. Museum die einzige Anstalt ist, die ein fast vollstän-
diges Bild von der Geschichte der Wiener Porzellanfahrik gibt. Diese Sammlung wird
dazu dienen, eine Vorlesung zu illustriren, welche Cusws Falke zu Beginn des Winters
über die Geschichte der Aerarial-Porzellan-Msnnfsctur in Wien abzuhalten gedenkt.
Die Abtheilung für Glas wurde durch eine interessante Cnllection orientalischen
Glases, wie es heut zu Tage in der Stadt Hebron iabricirt wird, deren Zusendung
wir der unermüdlichen Thätigkeit unseres Correspondenten Consul v. Welcher in Je-
rusalem verdanken, vennehrt. Diese Sammlung ist in mehr als Einer Beziehung interes-
sant. Sie zeigt nicht blos die Richtung der Bedürfnisse der Orientalen in der Art der Ge-
ßsse, sondern constatirt auch die Thatsache, dass eine gewisse Art zu fabriciren, wie sie
in der ältesten Venetianer Glastechnik vorkömmt, sich im Oriente vollkommen erhalten hat.
Diese Bemerkung bezieht sich eben so sehr auf die Form der Gefässe, als die Art und
Leichtigkeit des Glases. Man hat es eben in der Venetianer Technik nicht rnit einer blcs
lccalen Fabricationsweise zu thun.
Die Sammlung der Gewebe wurde gleichfalls durch Herr-n v. Walcher um eine
Anzahl von orientalischen Kleidungsstücken bereichert, die auch desswegen interessant
ist, weil sie mit Angabe der Preise versehen ist und jene Steife und Kleidungstücks ent-
hält, die von den Orientalen (in Syrien, Arabien, am Libanon) am meisten getragen
werden. Für jene Fabrikanten, die nach dem Oriente arbeiten, ist dieser Umstand von
Belan .
gAbermals der freundlichen Vermittlung des Herrn Consuls v. Welcher verdankt es
das Museum, dass die beiden römischen Mosaikstücke, welche wir in der August-Nummer
der Mittheilungen ausführlicher besprochen haben, unter sehr günstigen Bedingnissen in
das Eigenthurn der Anstalt übergegangen sind. Es sind dies die ersten römischen Mosaik-
Gegenstände, welche das Museum besitzt.
Die Ahtheilung der Ornamentstiche wurde durch eine Anzahl sehr interes-
santer und lehrreicher Piecen vermehrt: zwei Niellen (darunter eine von Pellegrino), vier
Blätter mit Gefässen von Reue Boivin, niellirte Goldschmiedeverziernngen von Quevellerie,
grosse Wandverzierungen von Ducerceau, und ein Stich eines Pocales von Flint. Diese
Arbeiten gehören der italienischen, französischen und deutschen Renaissaneeneit an.
Kleinere Mittheilungen.
(Ein neues Unternehmen von Philipp llass d: Sühne in Wien.) Unter
den Fabrikanten Oesterreichs für innere Deeoration nimmt die Firma Philipp Hans und
Söhne eine der hervorregendsten Stellen ein, und zwsr sowdhl durch die ausgedehnten
Anlagen verschiedener Fabriken fur Teppichs, Möbslstoße und Tischdecken, als durch die
in allen bedeutenden Städten der Monarchie und selbst im Auslande (in London, Paris und
Mnilsnd) errichteten Niederlagen.
Die Ausstellung der Teppiche im k. k. Museum, auf die wir unten ausführlicher
zurückkommen, zeigt das mit gutem Erfolge gekrönte Bestreben, durch die bisher so stark '
vernachlässigte stylistische Ornarnentik Besseres sls die gewöhnliche Modewsare zu inbrieiren.
Die Principien der Kunst, die nie wechseln, und der Schönheit, die nie veraltet, waren
hier im Gegensatz zu der Laune ausländischer Mode msssgebend; sie bürgen dsfir, dass
das, was der wahren Kunst Ewiges und Unvergiingliches snhaftet, zum Theil wenigstens
diesen Bestrebungen zu Gute kommt und sie die Trivialitäten der Mode überdauern lässt.
In dem gegenüber St. Stephan im Bau begrilfenen Gesehäiislocnle, welches wie du
grossartige Magazin Persons in Berlin 4 Stnckwerke enthält, wird Herr Hans einen Theil
des ersten Stockwerke speciell dem Zwecke widmen, dass dort Alles vereinigt wird, wss
die Kunstindustrie in den verschiedensten Artikeln zur harmonischen inneren Decorntion
erzeugt. Dieser Ahtheilung wird Alles ferngehalten, was Modewsnre im schlimmern Sinne
des Wortes ist, d. h. wss mit der eigentlichen Kunst und Schönheit im Widerspruchs
steht und was sich daher zu einer harmonischen Gesammtdecoration nicht verwenden lässt.
Durch das Urtheil erpmbter Künstler, Kunstautoritäten und Architekten wird bestimmt