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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1866 / 13)

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die Contouren oder die Flächen herausgehoben und mit der Schmelzmasse 
gefüllt werden konnten. Beides {indet sich im niederrheinischen Email; 
es findet sich die Zeichnung emaillirt oder der Grund emaillirt, während 
die Figuren als vergoldetes Metall mit gravirter Zeichnung stehen bleiben; 
es findet sich auch, dass die Figuren in Hoch- und Mittelrelief aus der 
ornamentirten und emaillirten Fläche heraustreten. 
In der zweiten Hällte des 12. Jahrhunderts ging dieses Email vom 
Nieder-Rhein nach Limoges hinüber und erlangte dort im Laufe des 
13. Jahrhunderts eine solche Blüthe und einen solchen Ruf, dass es das 
Email von Köln verdrängte und selbst die Erinnerung daran aus dem 
Andenken der Menschen ausgelöscht hatte, bis erst die archäologischen 
Forschungen der letzten zehn Jahre Köln in seine alte Ehre und sein 
altes Recht wieder eingesetzt haben. Technisch ist das Limosiner Email 
jener Zeit von dem kölnischen durchaus nicht verschieden, und es ist 
daher sehr schwer, beides zu scheiden. Im österreichischen Museum be- 
findet sich gegenwärtig eine grössere Anzahl von kölnischem und Limosiner 
Grubenschmelz, von denen die mit Nr. 63, G4, 65 bezeichneten kleineren 
Ornamentstücke unzweifelhaft kölnischen Ursprungs sind, während Nr. 67, 
die sogenannte Hrosnata-Schüssel von Stift Tepl in Böhmen, eine Arbeit 
von Limoges sein dürfte. 
Zu jener Zeit übten auch die arabischen Künstler in Spanien, 
Sicilien und im Orient die Emailtechnik; ihre Weise war aber ganz der 
byzantinische Zellenschmelz; in späteren Zeiten sind sie wie die Chi- 
nesen auf das gemalte Email übergegangen, aber nur in ornamentaler 
Verwendungj 
Eine gänzliche Umwandlung der Emailtechnik ging aller Wahrschein- 
lichkeit nach von Italien aus, wo im I4. Jahrhundert die neue Art ent- 
standen zu sein scheint. Die bisher beschriebenen Arten hatten das Gemein- 
same, dass die Schmelzmasse in Vertiefungen eingelassen war, daher man 
Grubenschmelz und Zellenschmelz auch gemeinsam als incrustirtes 
Email bezeichnet. Das neue Email üherzog dagegen vielmehr ein Relief, 
wesshalb man es auch Reliefemail nennt. Diese Reliefs aber, ciselirte 
und gravirte Silber- und Goldplatten, zeigen nur eine so geringe, kaum 
sichtbare Erhabenheit, dass die darüber gegossene Schmelzmasse das Relief 
vollständig zu einer ebenen Fläche ausgleieht. Die zweite und noch wich- 
tigere Eigenschaft dieses Emails ist, dass es völlig durchsichtig sein muss, 
denn die darunter befindliche Gravirung des Metalls muss die Zeichnung 
ergeben. Man hat daher auch mit Recht diese Art Email trarwlucirle ge- 
nannt. Man kann sie vortrefflich an einem der erwähnten Marcianischen 
Bucheinbände (Kat. Nr. 196) studiren, in welchen eine Restauration des 
14. Jahrhunderts vier solche Eckstücke mit den vier Evangelisten ein- 
gesetzt hat. Ausserdem befindet sich an einem Kelch des Deutschordens- 
schatzes- eine" Anzahl solcher sehr vorzüglicher Silberplätwhen.
	        
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