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insbesondere der internationalen Ausstellung in London im Jahre 1862
gemacht wurden.
Oesterreich hat an den bisherigen Weltausstellungen, namentlich an
der eben genannten, in ehrenvoller Weise sich betheiligt und an den
Ehrenpreisen der internationalen Jury, an den Medaillen und ehrenvollen
Erwähnungen reichlichst participirt.
Eine unbefangene Vergleichung der Leistungen Oesterreichs mit
jenen der übrigen Länder - insbesondere Frankreichs, Englands und in
vielen Zweigen auch der deutschen Vereinsstaaten -- hat indcss gezeigt,
und die Beisätze, mit welchen die internationale Jury in jedem Falle ihr
Verdict motivirt hat, bestätigen die Wahrnehmung, dass die österreichi-
schen Erzeugnisse ihren Erfolg vorzugsweise nur der technischen Ge-
schicklichkeit der Arbeiter, der Solidität und Preiswhrdigkeit der Waare
verdanken, dort jedoch, wo es sich um das geistige Element der Arbeit,
um den Einfluss der Kunst und des guten Geschmacks handelt, sohin
vorzugsweise auf dem Gebiete der Kunstindustrie überhaupt in ihrer for-
malen Seite, hiebei den Leistungen anderer Staaten zurückstehen. Die Be-
merkungen, mit denen die internationale Jury einige Lobsprüche der
Formgebung begleitet hat: „sehr schön für Böhmen", „vortretflich für
Ungarn", sind in dieser Beziehung kaum zu missdeuten. Sie weisen viel-
mehr deutlichst darauf hin, dass auch die solideste und billigste Waare
heutzutage auf dem Weltmarkte nicht concurriren kann, wenn sie
einer geschmackvollen Form und Zeichnung entbehrt.
Diese Wahrnehmungen haben nicht verfehlt, auf die leitenden Kreise
in Oesterreich Eindruck zu machen. Man richtete den Blick auf die Eng-
länder, welche in Folge der ersten Londoner Ausstellung des Jahres 1851
in ihrem Kensington-Museum und den damit verbundenen Anstalten eine
mächtige Pdauzschule für den gewerblichen Geschmack errichtet hatten,
und auf die Franzosen, welche ihre Suprematie auf diesem Gebiete einem
hundertjährigen sorgfältigen Kunstunterrichte verdanken und unter ängst-
lich eifersüchtiger Beobachtung der in England gemachten Fortschritte
bemüht sind, in den Formen aller Jahrhunderte das Kunstgesetz aufzu-
suchen und festzustellen.
Wenn die Vergleichung der österreichischen Expositionen mit jenen
Frankreichs und Englands im Ausstellungspalaste zu Brompton die Män-
gel und Gebrechen klar hervortreten liess, welche der österreichischen
Industrie und. insbesondere der Kunstindustrie ungeachtet des ungewöhn-
lichen technischen Geschickes unserer Kunsthandwerker anhaften, so stellte
sich anderseits in dem benachbarten South-Kensington-Museum, welches für
die Klärung der Anschauungen über Kunst und in der Geschmacksbil-
dung der Massen in der kurzen Periode eines Decenniums ganz Ausser-
ordentliches geleistet hat, und in den damit verbundenen Schulen für
Heranbildung von Künstlern und Lehrern auch sofort das Mittel und Vor-