MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1867 / 19)

332 
mit figürlichen und ornamentalen Schnitzereien, Eisenarbeiten, englisches Glasgeräth aus 
der Fabrik Miuton Webh, Fayence-Gegenstände, türkische Decken, Bnchbeschläge aus 
Bronze, die dritte Serie der vom Museum herausgegebenen Photographien, 43 Blätter von 
Photographien nach Objecten des Musee retrospective in Paris, ein Exemplar des vom Mu- 
seum edirten Werkes "Umrisse antiker Thongeflisse" und eine Reihe von Gypsabgiissen 
nach im Museum ausgestellten Gegenständen leihweise zugernittelt. 
(Vorlesungen Im Museum.) Wir heben aus den mit grossem Beifalle aufge- 
nommenen vier Vorträgen des Custos Falke „über die Geschichte der Weberei und 
Stickerei vom Standpunkte der Kunst", welche am 28. März ihren Abschluss 
fanden, im Nachstebenden das Wichtigste hervor. - Die Geschichte der Stickerei und 
Weberei ist so alt wie die Culturgeschichte überhaupt. In der fernsmn Vergangenheit 
sehen wir bereits die vier Hauptstolfe, zu denen sich im Laufe der Jahrtausende kein Ri- 
vsle gefunden hat, Seide, Wolle, Flachs und Baumwolle. zu den feinsten Gespinnsten ver- 
arbeitet. Die Stickerei unterscheidet sich von der Weberei nur in der Entstehung, indem 
letztere Grund und Omamentation gleichzeitig und nur auf mechanischem Wege erzeugt, 
erstere den vorhandenen Stoff mittelst freier Handarbeit verziert; dort ist das Kunstmittel 
die Farbe, hier Linie, Licht und Schatten, oder kurz gesagt, die Falte, wonach jene 
als malerische, diese als plastische Art der Verwendung des Gewebes zu bezeich- 
nen ist. Anfangs traten beide Kunstprincipien getrennt auf, das erstere im Orient, das 
andere in der g-richisch-italienischen Welt, um jedoch bald in Theorie und Praxis durch- 
einander zu spielen. 
Die ältesten Bildwerke der Egypter zeigen uns diese mit dem Schurz oder einem 
langen Hemde bekleidet, beide eng anliegend, aus Leinwand, einem weder der plasti- 
schen Ornamentation, noch dem farbigen Schmucke günstigen Materials. Steif und farblos 
blieben auch die Gewänder, als sie in spätem Perioden bei den Vornehmen länger und 
weiter wurden. Bei den Juden finden wir zuerst stoiireicbere, aber noch nicht künstlich 
drspirte Gewänder. In Assyrien ist die Gewandnng weit, aber faltenlos, weil von dickem 
und yersteifttem WollenstoE. Weberei und Stickerei stellen sich in der Ornamentation schon 
hohe Aufgaben, erreichen aber das Höchste in der Weberei jener assyrisch-babylonischen 
Teppiche, von deren Stil uns die Alabasterrcliefs der Paläste von Ninive eine Vorstellung 
geben können. Anf dem Boden der griechisch-asiatischen Cclonien gesellt sich 
zuerst zu der orientalischen Pracht, Massenhaftigkeit und Steifheit ein neues Princip: 
durch eng anliegende Gewandung gelangt die Schönheit der Körperformen zur Mitwir- 
kung, wenn auch anfangs durch reiche und bunte Verzierung wie Bestickung dem Auge 
wieder verdeckt. Dieselbe Tracht war auch die der Griechen in der ältesten Zeit, die 
jene erst abstreißen, als nach den Perserkriegen Leben, Sitte und Kunst sich von 
orientalischen Traditionen befreiten und einen selbstständigen hohen Aufschwung nahmen. 
Die gymnastischen Spiele schiirften das Auge für die Schönheit der Form und geben 
dem Manne Anlass, das Unterkleid abzulegen und sich mit dem Mantel zu begnügen, des- 
sen feiner Wollenstod allein dem freien, ruhigen Fluss der Falte günstig ist. Die Ausbil- 
dung des Sinnes fiir das Classische drängte die Farbenpracht zurück, die Ornamenta- 
tion wurde auf die Siiume der Mäntel beschränkt, neben denen nur einfarbige Kleider Sitte 
blieben. Dieses Kunstprincip der Drapirung ging mit den Siegen Alexanders nach Asien 
hinüber und liess sich dauernder in Italien nieder. Noch strenger als die Griechen ver- 
warfen die Römer farbige Stoße und führten die gestickten Säume auf den einfachen 
Purpnrstreifen zurück. Um so weiter und massiger wurde die Gewandung und die Falten- 
legung der Togo, die gewebte und gestickte Decoration sah sich fast susschliesslich auf 
Decken und Teppiche beschränkt, der Stil der Ornamentat-ion scheint durch den Orient 
beherrscht werden zu sein. Erst gegen Ende der Republik kam die Farbe wieder zur Gel- 
tung: Cäsar verwandelte zuerst die weisse, purpurgesäumte Togo. in eine ganz pupume und 
selbst Mäntel von Goldstotf kamen auf, wie sie der Orient liebte. 
Eine wirkliche Revolution aber bewirkte das Auftreten der Seide, deren Charak- 
ter eben so malerisch, wie der der Wolle plastisch ist. In China, und dort. allein, war an- 
geblich schon fast 27 Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung die Kunst bekannt, das Ge- 
spinnst des Seidenwurmes mit weissen Cocons in Fäden sbzuhaspeln. Aber erst seit derKriegs- 
expedition nach dem Westen Asiens und dem in Folge dessen entstandenen Handelsver- 
kehre zwischen dem Reiche der Mitte und Europa kam die Seide zu uns, aber nur in ferti- 
gen Stoßen, gewann trotz der hohen Preise grosse Verbreitung und drang aller Verbote 
ungeachtet in den Gebrauch der christlichen Kirche ein. Wie unter dem Einfluss der Seide 
die in ihrer Form beibehsltenen Gewänder einen ganz anderen Charakter erhielten und 
wie die Lust an Ornamentation und Farbenpracht sich wieder bis zur Uebertreibung gel- 
tend machte, lehren die Gemälde der Byzantiner und die Reliefs von Persepolis. Heimat 
der Teppichweberei wurde Persien unter den Sassaniden und von dort kamen in 
das Abendland jene phantastischen Tbiergebilde, die entsetzlichsten Gestalten das indi- 
schen Cultus, die auf den KleiderstoGen von Seide zu einfachen Mustermotiven herabsan-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.