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Internationale S a m m 1 e r - Z e i t u n g. 
Nr. 13 
Luftschiff »Sachsen« über Wien erschienen. Die Bevölkerung 
der Millionenstadt Jubelte dem greisen Erfinder zu. der während 
seines zweitägigen Aufenthaltes in Wien' vom Monarchen und 
von der Kommune mit Ehren überhäuft wurde. Die Erinnerung 
an das denkwürdige Ereignis hält eine mit überraschender 
Schnelligkeit fertiggestellte Medaille fest, die in prägnanter Aus 
führung auf der Vorderseite ein gelungenes Porträtrelief Zep 
pelins bringt. Auf der Rückseite sieht man die »Sachsen« 
über Karlskirche und Stephansdom dahinschweben, indes sich im 
Hintergrund das Häusergewirr Wiens verliert. Die Umschrift 
des Averses lautet: »Graf Ferdinand Zeppelin«, jene der Revers 
seite: »Erinnerung an den Besuch in Wien. 9. Juni 1913.« Der 
Name des Schöpfers der Medaille (K. Goetz) ist mit freiem 
Auge kaum zu entziffern; fast zu viel Bescheidenheit für einen 
Mann, der viel Talent zeigt, wenn er auch das Porträt nicht 
nach der Natur, sondern nach einer älteren Photographie 
modelliert zu haben scheint. Den Vertrieb der Medaille, die in 
Bronze und Silber geprägt wurde, hat die Wiener Münzhandlung 
D Kallai. 
Philatelie. 
(Neue russische Marken.) Am 1. Juli erhält 
Rußland, wie uns aus St. Petersburg geschrieben wird, 
wiederum neue Postwertzeichen. Der Verband der »Wahren 
russischen Männer«, der einen Feldzug gegen die neuen 
Jubiläumsmarken eröffnet hatte, weil er in der Abstempelung 
der Kaiserbildnisse eine Entweihung der russischen Monarchen 
erblickte, hat gesiegt. Die erst vor vier Monaten in Umlauf 
gesetzten Marken werden eingezogen und durch neue gleichen 
Formats ersetzt werden, welche an Stelle der Herrscherbilder 
das Russische Reich als allegorische Figur dargestellt tragen 
sollen. 
(Briefmarkenp.r.eis e.) Die Zeiten, da die Brief 
markensammler die ihnen fehlenden besseren Marken im Wege 
des direkten Tausches von gleichgestimmten Seelen erwerben 
konnten, sind vorüber, und wer heutzutage seine Sammlung 
einigermaßen auf der Höhe halten will, der muß oft recht tief 
in die Tasche greifen. Daß auf dem Gebiete des Briefmarken 
sammelns eine Wendung eingetreten ist, das beweist auch der 
Umstand, daß in neuerer Zeit sich bei uns die in Frankreich 
und England schon länger bekannten Bricfmarken- 
Auktionen einbürgern, auf denen man die fehlenden Stücke 
zu erwerben vermag, falls den Bietenden nicht vorher der Atem 
versagt. So haben in den letzten beiden Monaten in Berlin 
zwei derartige Auktionen stattgefunden, die von Berliner Brief- 
markenhändlern arrangiert wurden. Die erste hielt sich, was 
Material und Preise anbetrifft, noch in ziemlich engen Grenzen. 
Es lagen iti der Hauptsache Marken der ehemaligen deutschen 
Einzelstaaten sowie deutsche Kolonialmarken zur 
Versteigerung aus. Unter den altdeutschen nahm das größte 
Interesse die seit langen Jahren schon immer an erster Stelle 
begehrte sächsische rote Dreipfennigmarkc vom Jahre 1850 iti 
Anspruch, die bis auf 440 Mark getrieben wurde. Bergedorf 
4 Sgr. erzielte 363 Mark und zwischen 50 und 100 Mark wurden 
sehr viele altdeutsche Marken versteigert, zum Beispiel solche 
von Mecklenburg, Oldenburg, Württemberg, Hannover, Lübeck. 
Auch deutsche Kolonialmarken steigen immer mehr in ihrer 
Beliebtheit, und dem entsprechen die erzielten Preise. So ging 
eine Dreipfennigtnarke von Deutsch-China vom Jahre 1898 für 
360 Mark fort, ein Doppelaufdruck der deutschen Levante, 
25 Piaster, brachte sogar 540 Mark, die provisorischen Fünf 
pfennigmarken von Kiautschou (Zehnpfennigmarken mit einem 
entsprechenden Aufdruck) kamen in ihrer seltensten Type auf 
365, bezw. 385 Mark, während diese Marken in ihrer gängig 
sten Sorte sonst für 6 bis 10 Mark zu haben sind. Die in 
Tientsin während der Boxerwirren durch Aufdruck hergestellten 
Marken erzielten außerordentliche Preise; so kam die 
50 Pfennigmarke auf 450 Mark, die zu 30 Pfennig auf 190 Mark. 
War diese Auktion schon interessant, so steigerte sich das Inter 
esse noch bedeutend bei der zweiten. Auf dieser kamen auch 
zahlreiche gute, vorzüglich erhaltene außereuropäische 
Marken zur Versteigerung, welche enorme Preise erzielten. Als 
wertvollstes Stück kam eine Marke unter den Hammer, die, 
dem Katalog nach, nur in diesem einen Stück bekannt ist. Es 
war eine Marke von British-Guayana vom Jahre 1850 
zu 4 Cent; im Senfscheu Kataloge wird diese Marke mit 
500 Mark bewertet, sie erzielte aber 3410 Mark! Auch Marken 
von Bergedorf, die im Katalog lose mit 50 bis 70 Mark ange 
zeigt werden, erzielten auf Brief Preise von mehr als 350 Mark, 
und ein anderes, sonst mit 70 Mark bewertetes Stück kam auf 
1205 Mark. Sachen 3 Pfennig war in einigen Stücken auf ganzen 
Briefen vorhanden, die für 720 und 1001 Mark fortgingen, ein 
Doppelstück kam auf 1485 Mark. Zwei zusammenhängende 
Marken zu I Schilling von Mecklenburg-Schwerin erzielten 
1661 Mark, Oldenburg, Fünferstreifen von 3 Gr., 550 Mark. 
Sehr gute Preise, durchwegs 500 bis 1100 Mark, brachten auch 
die ersten Marken der Schweizer Kantone. Ferner erzielte 
ein sehr schön erhaltenes Doppelstück von Württemberg 
(70 Kreuzer) den Preis von 495 Mark. Neapel, Natal, Mauritius, 
Toskana, Ceylon und Buenos-Aires in ihren Seltenheiten 
erreichten Preise von 500 bis nahe an 2000 Mark. 
Uhren. 
(Morgan als Uhrensammler.) Im »Berliner Tag 
blatt« erzählt M a r f e I s von dem kürzlich verstorbenen Pier- 
pont Morgan: »Durch meine Beziehungen zur Uhrmacherei 
hatte ich in fünfundzwanzig Jahren eine Kollektion alter Taschen 
uhren zusammengebracht, die das Allerbeste darstellte, was die 
Uhrmacherkunst des 16. und 17. Jahrhunderts geschaffen hatte. 
Den Gedanken, mich von diesen Schätzen zu trennen, hatte ich 
stets weit von mir gewiesen, doch es ging mir schließlich wie 
den meisten Sammlern. Ich war mit der Zeit sehr anspruchsvoll 
geworden, es konnte mir nur noch das Allerschönste und Aller- 
seltenste gefallen, und dies zu erwerben, überstieg schließlich 
meine finanzielle Kraft. So blieb mir nur die Wahl, entweder 
das Sammeln aufzugeben oder meine Kollektion zu verkaufen 
und von neuem zu beginnen. Ich wählte das letztere und ließ 
schließlich, nachdem ich mich überzeugt hatte, daß die deutschen 
Museen in ihren Mitteln zu knapp gehalten sind, Morgan die 
Sammlung anbieten. Dieser ließ durch einen Pariser Händler 
etwa vierzig Uhren zu einem sehr hohen Preis ankaufen. Als 
Morgan ein Jahr später, wie alljährlich, nach London kam, er 
bat ich schriftlich eine Unterredung, die mir bereitwillig 
gewährt wurde. Eines Tages sprach ich in seinem Hause gegen 
über dem Hydepark vor. Ich wurde in das Wohnzimmer geführt, 
wo ich nach längerem Warten einer hohen, imponierenden Ge 
stalt mit ergrautem Haar und Schnurrbart mich gegenüber be 
fand. Auf die Frage, was mich zu ihm führe, erwiderte ich, ich 
wisse nicht recht, ob ich als Käufer oder Verkäufer käme. Er 
habe im vergangenen Jahre die Hälfte einer Sammlung er 
worben. Da sie ein einheitliches Ganzes gewesen sei besitze 
jeder von uns den halben Teil. Es bleibe nichts übrig, als daß 
ich entweder meine Uhren wieder Zurückkaufe gegen ein gutes 
Reugeld, oder daß er meinen Teil der Kollektion auch noch er 
werbe. Darauf fragte er, was ich denn ein gutes Reugeld nenne. 
Ich antwortete: »100.000 Mark.« Das wäre für einen gewöhn 
lichen Sterblichen immerhin ein ganz respektables Sümmchen, 
hatte ihm jedoch anscheinend wenig imponiert. Sein Gesicht, 
das gewöhnlich ernst war, wurde fast kindlich heiter. Wir hatten 
anscheinend nicht ganz den gleichen Maßstab für den nervus 
rerum. Er erwiderte also lächelnden Mundes: »Ihr Gebot reizt 
mich nicht; versuchen wir einen anderen Weg. Was verlangen 
Sie für den Rest der Uhren?« Ich nannte eine entsprechende 
Summe, und in wenigen Minuten war der Verkauf abge 
schlossen. Von da ab führte mich das Leben mit dem merk 
würdigen Manne sehr oft zusammen. Einmal zeigte ich ihm eine 
emaillierte Taschenuhr aus dem 17. Jahrhundert, ein wahres 
Kabinettstück von Seltenheit und Schönheit. Da ein hoher 
Preis •— 300.000 Mark — verlangt wurde, wollte ich ihm einige 
Aufklärungen über die Bedeutung des Stückes geben. Er schnitt
	        
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