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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 9 und 10)

Alfred Alzmexsier, Paris: „lßoffrande du soir" 
[Die Opfergabe des Abends), Ölbild, - Dem 
gotischen Raum fügt sich dieses Werk har- 
monisch ein, weil es die Bildaufgabe der Ge- 
gcnwarl erfüllt. Zumindest macht dieser Ma- 
nessier die Aufgabe der neuen religiösen 
Kunst klar bewußl, wonach es den Schöp- 
fungssinn in der Materie zu gleichnishafter 
Wirklichkeit und Gestalt zu bilden gilt. 
sehr viel los, auch wenn wir noch so viel Talent besitzen und 
noch so klug zu spekulieren, auszulegen und zu transformieren 
wissen. Das bleibt alles ein armscliger Eklektizismus der Interpre- 
tation längst geleisteter Erkenntnis und ohne jede Kraft, ja ohne 
jeden Ansatzpunkt, dem modernen Dasein beizukommen und das 
in ihm enthaltene Leben zu ermächtigen. frei zu machen und es 
zu gestalten. Für den heutigen Menschen nämlich als den typi- 
schen „Zauberlehrling" ist allein das Dasein selber, ist die Welt 
das Schicksal und der Dienst nn ihrem Schöpfungssinn die ein- 
zige Möglichkeit, die Freiheit zu gewinnen. 
Etwas von dieser sehr konkreten Freiheit, von der in Angriff ge- 
nommenen Aulgabe einer neuen religiösen Kunst, von der ge- 
horsamen Verantwortung für das „Wort im Fleisch" wird an 
einigen Arbeiten des 1911 in Frankreich geborenen Malers 
Alfred Manessicr erkennbar. Besonders sein schönes, stilles und 
leuchtendes Ölbild „lfoflrande du soir" (Opfergabe des Abends) 
macht das deutlich. Wie hier das tiefe Nachtblau zusammen mit 
den anderen vom Dunkel ins Licht gestulten Farben einen mäch- 
tigen ruhevollen und zugleich reichen Klang bereitet, in dem die 
weichen, schwingenden Töne und Formlelder mit den schärfer 
umrissenen Figuren Kontrast und Wechsel bilden, ist wirklich 
wie ein einzig von den Farben selber angetragener und ange- 
stimmter Gesang, der den Abend in die Ewigkeit zu tragen und 
ihn in ihr zu bergen weiß. Da hat sich tatsächlich eine Art ma- 
lerischer Vollzug der Freiheit, weil ein Gestalt gewordener 
Dienst am „Wort" der lizirbe zugetragen. In diesem Bilde gipfelt, 
wenn nicht alles trügt, die Schau in Löwen, was schon dadurch 
bestätigt wird, daß es eigentlich als einziges von der Gotik des 
Raumes last ohne Vorbehalte aufgenommen wird. 
So hat die Löwener Ausstellung überhaupt in ihrem Schauplatz 
ein gutes Prüffeld, an dem die Kunstgewt-rblereien und Moder- 
nismen kläglich scheitern. Denn vor solcher Gotik, die aus der 
Gestaltmeisterung der mittelalterlichen Situation und Aufgabe 
der bildlichen Emporhebting des Menschen und aller Kreatur 
hervorging, kann nur die Gestaltmeisterung unserer Situation 
und Aufgabe in der bildnerischen Erweckung der durch uns 
selbst entbundenen Materie zu Sinnbild und Gleichnishaftigkeit 
bestehen. 
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