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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1868 / 30)

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An Stelle des Models trat, wie in der Zeugdrnckerei, die Walze, die zuerst ein Ar- 
beiter handhabte, indem er sie mit Farbe versah und dann über den Stoff dirigirte. Später 
liess man dies Zeug, die Tapete, über die Walze laufen, welche durch eine mechanische 
Vorrichtung mit Farbe versehen wurde. Ein geistvoller Industrieller, der deutsche Kattun- 
drucker Oberkampf in Jouy in Frankreich, combinirta nun mehrere DHIGkWBIZBII sammt 
ihren Farbenzubringern zu einer Maschine, welche überdies das Zeug über die Walzen 
zu führen und. nach jedesmaliger Farbaufnahme zu trocknen hatte, das ist die Kattuu- 
druckmaschinet). Etwas modiücirt wird diese seit 20 bis 25 Jahren für den Tapeten- 
druck angewendet, und um die Ehre, diese Idee durchgeführt zu haben, streiten sich meh- 
rere englische Fabrikanten; die Franzosen, namentlich Leroy und Gillou, und die Deut- 
schen, unter ihnen Flammersch ein in Köln, nlnnten jene Engländer Polter, Hey- 
word und m. A. nach und verbesserten den Mechanismus derart, dass er heute bereits 
eine grossartige Verbreitung gefunden hat. 
Ich sah in der Fabrik von Gillou fils und Thorailler eine Maschine mit 14 
Walzen arbeiten, die seit Kurzem aufgestellt ist. Man könnte mit ihr einen Dessin in 42 
Farben drucken, wenn man je einen Farbtrog in drei Abtheilungen theilte, und würde in 
diesem Falle durch die Maschine die Arbeit von 120 Menschen ven-ichten lassen. 
Die Maschine selbst bedarf blos 2-3 Arbeiter zu ihrer Ueberwachnng, wenn sie 
einmal montirt ist. Sie verhält sich zum Model ähnlich w-ie die Papiermaschine zur 
Butte, denn mit ersterer wird ein Prodnct ohne Ende oder doch von beliebiger Länge ge- 
wonnen, während bei letzterer immer nur ein Ronleau oder ein Bogen erzeugt wird. 
Aber nicht blos die Tapetendruckmaschine charakterisirt unsere jetzige Tapeten- 
erzeugung als Fabrication, sondern noch mehrere andere Maschinen, die erst in ihrer 
Wechselwirkung die enorme Schnelligkeit der Gewinnung und die ausserordentliche Billig- 
keit des Productes ermöglichten. 
Ich erlaube mir nun, Ihnen zwei solcher Maschinen vorznführen: es sind dies die 
Foncirrnaschine und diejAcerocheuse. Erstere übernimmt das früher von vier Arbeitern be- 
sorgte Grundiren, indem sie das Auftragen und gleichmlissige Vertheilen der Grundfarbe 
mittelst einer raffinirten Anwendung, mechanischer Krähe ermöglicht; die letztere hängt 
ohne alle Beihilfe der Menschenhand die nasse aus der Foncir- oder Druckmaschine kom- 
mende Tapete über den Heizofen auf, bewegt sie langsam vorwärts, rückt sie mit zuneh- 
mender Trockenheit näher zusammen und legt sie, wenn vollständig trocken, ab. 
Die Foncirmaschine und die Druckmaschine mit der Accrocheuse sind im Stande, 
Tapeten fertig zu machen, die dann allenfalls noch durch die Satinirmaschine laufen. 
Hiermit haben wir das Hauptsächlichate der Tapetenfabrication erledigt. 
Ich werde nun auf einige Specialitäten der Tapete eingehen. 
Die Holm, Marmor- und Stuckimitationen, welche jetzt in Paris ausserordentlich 
modern sind, da sie den Wohnräumen den Anschein einer soliden Pracht geben, wider- 
sprechen dem Wesen der Tapeten; ihre Herstellung weicht auch ganz von der der übrigen 
Tapeten ab und gehört in die Buntpapiermacherei. Wir werfen also nur einen Blick auf die 
hier von der Firma Desfosse ü. Korth ausgestellten Papiere und übergehen sie rasch. 
Dieselbe Firma ist ausgezeichnet durch die von ihr gefertigten Rayures- und Iris- 
tapeten. Die mechanische Verrichtung zum Ziehen der Rayures heisst Gaudet. Es ist 
dies ein prismatischer Trog, der in so viele Fächer getheilt ist, als Farben aufzutragen 
sind, und unten eben so viele Oednungan hat, aus denen die Farbe ausfliesst, während die 
Tapete unter dem Gaudet hinweggezogen wird. Liisst man die Farben ineinander ver- 
laufen, was durch eine entsprechende Bürste geschieht, so hat man die iristapeten. Beides 
sind deutsche Erfindungen. Die wcissgliinzenden Tapeten Satine werden unter der Sati- 
ninnaschine gemacht, nachdem man den Farben Talkpulver zugesetzt hat. 
Das Ansehen von Tuch und Sarnrnt gibt man den Tapeten, sogenannten relntirten 
Tapeten, indem auf ihnen ein fein gemahlenes Wollpulver, das beliebig gefirbt ist, befestigt 
wird. Die betreffenden Stellen werden mit Leimwasser überzogen, dann die Wolle aufge- 
strent und durch eine sehr sinnreiche Vorrichtung gleichmässig vertheilt. 
Es wird nämlich die Tapete auf den durch ein Tuch gebildeten Boden eines Kastens 
gelegt und in systematischer Aufeinanderfolge mit elastischen Stäben getrommelt. Die Vor- 
richtung macht, in Gang gesetzt, einen hetäubendcn Lärm und heisst Tamhour. 
Werden durch eine mit Gas echauflirte gerippte Walze in den Velour schmale paral- 
lele Streifen eingeprcsst, so erhält man den Reps. 
Die Erhabenheitcn und Vertiefungen im Dessin von Tapeten, welche sich auf den 
Veloutes so gut ausnehmen. die man auch sehr häufig vergoldet, werden mittelst Pressen 
hervorgebracht, deren Stempel ebenfalls durch Gas oder Dampf echaufiirt ist. Grosse weit- 
') Die Bnglinder behaupten, sie sei schon im Jahre 1186 in England erfunden werden; die Franzosen 
reclmnireu sie für sich.
	        
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