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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1868 / 30)

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Die erste Aufgabe der Papierbereitung ist nun die Herstellung eines diinndiissigen 
Breics aus Wasser und den betreffenden Piianzenfasern, welchen man Zeug nennt. Bei 
den Hadern geschieht dies durch eine Reihe von mechanischen und chemischen Vorgängen, 
bei denen besonders die den Namen "Holländer" führende Maschine die Hauptrolle spielt. 
Beim Holz besorgt fast die ganze Arbeit die "Holzzeugbereituugsmaschine", deren 
jetzige Vollkommenheit vornehmlich der Ausdauer und Genialiät der deutschen Papier- 
macherfamilie Völter zu danken ist. Auf der Pariser Ausstellung fuuctiouirte in einem 
Annex der sächsischen Section diese wundervolle Maschine und verarbeitete vor dem er- 
staunten Zuschauer Holzklütze in jenen Brei, das Papierzeug. 
Zu Tapetenpapier eignen sich aber vollkommen Holz- und Strohmasse, welcher Um- 
stand uns vor der Gefahr schützt, durch die Krisis des Hadernmonopols jenes wichtige 
Decorationsmittel zu sehr vertheuert zu sehen. 
Die zweite Aufgabe der Papierfabrication ist die Formgebung des Papierzeuges 
unter gleichzeitiger oder verangehender Reinigung, Bleichuug, Leimung und eventueller 
Färbung. 
Die Formgebung bestand aus den Vorgängen des „Schöpfenü, d. i. des Heraus- 
fassens von Papierzeug mit einem viereckigen ebenen Sieb; des „Gautschens", d. i. des 
Ablegene des noch sehr leckeren, nassen Papierbogens; des „Pressens' zwischen Filz; 
des abermaligen Pressens; des „Trocknens" und des „Beschneidenf. 
Alle diese Verrichtungen, zu denen ein Arbeiterpersonal von 9-10 Köpfen per 
Butte (d. i. der Trog, aus dem geschöpft wird) nothwendig ist, können durch eine einzige 
Maschine besorgt werden, welche aber in derselben Zeit mindestens zehnmal so viel er- 
zeugt; uud diese werthvolle Maschine, welche viele Menschen von einer ihre Intelligenz 
nicht sehr in Anspruch nehmenden Arbeit dispensirt und per Jahr "f, Millionen Pfund 
Papier zu liefern im Stande ist, das ist die Papiermaschine, deren Grundidee ein ge- 
nialer Arbeiter, Louis Robert in der Didat'schen Fabrik von Essonne, im Jahre 1799 
fasste und sich damit unvergänglichen Ruhm erwarb. Um die Einführung der Maschine, 
die erst durch manche Verbesserung sich Bahn brach, machten sich dis Engländer und 
unter ihnen namentlich Jobn Gamble, Henri Fourdrimir, Bryan Donkin und John 
Dickinson verdient. Erst in den zwanziger Jahren fand die Maschine auf dem Continent 
allgemeinen Eingang. 
Der wesentliche Unterschied zwischen Maschinen- und Schöpfpapiererzeugung, wel- 
cher auch auf die Tapetenfabrication von eminentem Einfluss war, ist der, dass bei ersterer 
Papier von beträchtlicher Breite und unbegrenzter Länge hervorgebracht werden kann, 
indem das Drahtsieb, auf dem sich das Papier aus dem Zeug bildet, immer fortbewegt 
wird. Auf der Ausstellung in London im Jahre 1862 sah man Maschinenpapier von Y, 
Meile Länge ausgestellt. 
Das Maschineupapier wird in England am vollkommensten dargestellt; es wird aber 
auch in Amerika, Frankreich, Deutschland und Oesterreich und in anderen hochcultivirten 
Ländern von vorzüglicher Beschaßenheit erzeugt. 
Dieses Rohmaterial der Tapetenfabrication ist also überall zu beschatfeu, wo Tapeten 
gebraucht werden. 
Ebenso wesentlich als das Papier ist an der Tapete die Farbe. Durch diese wird 
die Zeichnung. der Dessin hervorgebracht. dieser aber macht das Papier zur Tapete. 
Die Farbe der Tapete soll uns in unserem Wohnranme die herrliche Farbenhar- 
monie der Natur ersetzen. Von ihr soll man mit Kückert sagen können: 
"Sie freut sich ihres Spiels. und ihr zum Spiel zu dienen, 
„Freut sich die Welt und wir mit ihnen." 
Die Tapetenfabrication hat aus allen drei Reichen der Natur die Kinder des Lichtes, 
die Farben, gesammelt und sich dieselben dienstbar gemacht; die Chemie hat selbst aus 
den Abfällen, aus dem schmutzigen Thecr die herrlichsten. prangendsten Tinten gewonnen 
und den in den Naturkörpern bereits fertig gebildeten Farben beigesellt, so dass wir heute 
über eine immense Zahl der schönsten Farben für unsere Zwecke verfügen. 
Die Kunst der Farben und mit ihr der Farbenbereitung reicht bis in das graueste 
Alterthum hinauf, ist so alt wie das Menschengeschlecht und hat sich bis auf unsere Tage 
stetig entwickelt. 
Ein völliges Verkennen des Wesens der Tapete und eine schlechte Geschmacks- 
richtung haben vorübergehend die Tapete gezwungen, uns mit matten, verschwommenen, 
blassen Farbcntönen zu langweilen. Diese Hypersentimentalitlit ist nun, Gott sei Dank, 
fast zu Ende, und unsere Tapeten prangen wieder wie in den Blüthezeiten der Kunst in 
der Pracht der Pigmente, und benützen so den hohen Stand der Farbenchemie. 
Die l-lauptfarben sind Gelb, Blau uud Roth. welche durch die Summe aller Farben: 
Weiss, und durch die Negation der Farben: Schwarz, eine wohlthiitige Begrenzung und 
Unterbrechung finden.
	        
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