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Statuetten „Menelaus" und „Jugendlicher Bacchus" (Nummer 30 und 31
des Verzeichnisses). Der rufend dargestellte Menelaus der ersten, die
überaus anmuthige und edle Figur des Bacchus der sogenannten zweiten
Blütbeperiode angehörend; der Eine in den noch strengern Formen an
die ältere Kunst mahnend, der Andere weicher, fast üppig. Von beson-
derer Schönheit ist auch das kleine Figürchen der Pallas Athene (Nr. 35),
während die kleine Venusstatue mit dem seltsamen Motiv des ihr zudie-
genden und von ihr an die Brust gedrückten Amor der Spätzeit römischer
Kunst angehört. Ebenfalls römischen Ursprungs sind auch die silbernen
Gefasse (Nr. 1-3), die an ihren Aussenseiten Hache Relief-Darstellungen
tragen, welche namentlich bei der Üasserole (Nr. 1) charakteristisch und
schön behandelt sind. Von sogenannter „barbariscber Technik", d. h.
einer Kunstübung, die ihre Traditionen nicht direct von der antiken
classischen Kunst herleitet, sind eine Anzahl Goldgefasse (am Ende des
vorigen Jahrhunderts im Banate gefunden), die in ihrer Art von grosser
Seltenheit, zu den interessantesten Stücken des Münz- und Antikencabi-
netes gehören. Ueber ihre Verfertigungszeit und über ihre Verfertiger
lässt sich bis heute nichts mit Gewissheit feststellen, nur so viel ist klar,
dass in der Formengebuug und Ornamentationsweise entschieden orien-
talische Einliiisse vorherrschen, und die Meinung, dass sie persiscb-sassa-
nidischen Ursprungs sind, hat die meiste Berechtigung für sich. Die
„kugelförmige Schale" (Nr.8) ist mit Ornamenten bedeckt, die aus ziem-
lich stark vertretenden goldenen Streifen bestehen. Die hohlen Zwischen-
räume, die durch diese Streifen gebildet werden, waren ehedem mit
passend eingeschliifenen, und auf kaltem Wege eingesetzten farbigen Glas-
pasten getiillt, eine Technik, die wir in ähnlicher Weise auch an Gold-
schmiedearbeiten aus der merovingischen Epoche angewendet finden.
Das Original der Schale zeigt noch deutlich einige Reste der kleinen
farbigen mosaikartigen Partikel. Auch die übrigen abgeformten Objecte,
sämmtlich mit getriebenen und ciselirten Darstellungen, sind von bedeu-
tendem, vorwiegend kunsthistorischem Werthe. In nicht minderer Weise
ist dies bei den byzantinischen Buchdeckeln (Nr. 12, 13 und 14) der Fall,
deren Originale die Marcusbibliothek in Venedig bewahrt. Ihre Ent-
stehungszeit ist in das lOte bis l2te Jahrhundert zu setzen; ihr reicher
iiguraliseher Schmuck ist bei einigen in Email cloisonne gebildet und sie
gehören zu den vortrefflicbsten Beispielen der Goldschmiedekunst und
Emailxnalerei, die uns aus jener Zeit erhalten sind. Das Email wurde
bei diesen Bucbdeckeln sowohl, als auch bei allen anderen Gegenständen,
an denen es vorkömmt, auf den galvanoplastischen Copien durch Be-
malung mit Wachsrarben nachgeahmt, und wenn diese auch nicht das
Lustre der Schinelzfarben erreichen, so empfahlen sie sich doch als die
noch am ehesten anwendbaren, da wirkliches Email allzuschwierig und
kostspielig in der Herstellung gewesen wäre.