254
Bei der ausgeprägten Vorliebe der Belgier für das Praktische ist es gewiss ein
eigenthiimlicber Umstand, dass das Königreich Belgien, welches unter den industriellen
Ländern des Continentes in erster Linie steht, für die specielle Bildung der Industriellen
fast gar keine Fürsorge getroden hat. Weder ist de' Prvmärunterricht obligatorisch, noch
gibt es lzlandwerksrschnlen, Gewerbschulsn und polytechnische Schulen wie in Deutsch-
land und Frankreich. Die Ursache davon, wenigstens was den höheren gewerblichen
Unterricht betrift, mag darin liegen, dass die äöhne hegütertar Belgier zum grossen
Theile in dem benachbarten Frankreich, in Deutschland und in der Schweiz ihren ren-
listischen und gewerblichen Studien obliegen. Die Vorbereitungsschnlen fir den höheren
gewerblichen Unterricht sind wie in Frankreich zweierlei Art. Wie dort sind auch in
Belgien die oberen Abtheilungen der Lyceen, die man hier Athenäen nennt, nach dem
Principe des zweiästigen Unterriehtssystems oder der Bifurcstion in Sectionen üir den
humanistischen und solche für den realistischen Unterricht gespalten. Die realistische Ab-
theilung zerfallt in eine höhere und eine niedere; die höhere spaltet sich wieder in drei
Sectionen: die kaufmännische, die gewerbliche und die wissenschaftliche. Bemerkenswarth
ist, welch" grosse Bedeutung in allen diesen Abtheilungen dem Unterricht in der Volks-
wirthsehaßslehre beigelegt ist.
Eine andere Art von Vorbereitnngsschulen für den höheren gewerblichen Untericht
sind die Industrieschulen (Eooles industrielles), wie sie in den meisten Industrie-
städten Belgiens, so in Lüttich, Gcnt, Vcrviers, Huy, Tournay, Ondenaarde, Brüssel,
Namür, Mons, Antwerpen etc. bestehen. lhr Zweck ist ein doppelter, einmal sollen sie
für den höheren Unterricht in Gent und Lüttich vorbereiten. das andere Mnl sollen sie
Contremaitres bilden. Die Unterhaltung dieser Industrisschulen liegt theils der Commune,
theils der Provinz, theils dem Gonvernement ob. In den grösseren und vollslindigeren
dieser Schulen, die meist mit guten Maschinenmodellsammlnngen und physikelischen Ap-
paraten versehen sind, wird der über alle Branchen des technischen und volkswirthschaft-
liehen Wissens sich erstreckende Unterricht an den Werktagen von 7-8 Uhr Abends,
Sonntags in den Vormittagsstunden ertheilt und zwar je nach der vorherrschenden Sprache
des Ortes entweder französisch oder ilimisch, oder wie in Gent in beiden Sprachen.
Die Schüler sind fast durchgängig der Arbeiterclssse angehörig. Das Unterrichtsprogrsmm
ist der Art festgestellt, dass die Zöglinge in einem vierjährigen Cnrsns m: praktische
Mechanik. liir auf chemischen Grundsätzen beruhende Gewerbe, fdr Weberei oder für ge-
werbliches Zeichnen vorbereitet werden können.
Fiir den höheren technischen Unterricht gibt es in Belgien zwei Lehranstalten,
eine zu Gent, die andere zu Lüttich. An die realistische Faenltit (eine Combinstion der
auf einigen deutschen Universitäten bestehenden staatswirthschnftlichen und naturwissen-
schaftlichen Facultlt) der Hochschule zu Gent sind drei Schulen angehängt, nämlich eine
Schule für künftige Lehrer der Naturwissenschaften und der Mathematik, eine für Fabrik-
ingenicure und endlich eine vorbereitende und Bpecialschule für Civilingenienre. Die
Schule zu Lüttich, die "Ücole des ans et manntactures et des mines de Liege", die einen
integrirsnden Bestandthcil der Universität ausmacht, besteht aus drei Fachsdxulen für
Maschinenbau, Fsbrikindustrie und Bergwesen, denen ein vorbereitender Cnrsus voraus-
geht. Die Einrichtung erinnert sehr an die der „Ecule centrala" in Paris. Die Gassmmt-
zahl der Studirenden aller drei Sectionen beläuft sich auf mehr als 400. Einer hesondern
Erwähnung werth ist die mechanische Werkstätte, welche in einem besondern Flügel der
Universität untergebracht ist. Sie ist auf das vullständigste mit Werkzeugen, Arbeits-
maschinen und Dampfmotoren ausgerüstet und gehört sicher zu den besteingerichteten
Attributen dieser Gattung.
Die Knnltindustrie Oslterreichs ").
J. F. Wir haben jetzt die Linder der modernen Civilisntion dnrchwnndert und
kommen zum Schlnsse zu nns selber znriink. Nach der Rundschau gelungen wir zur
Selbstschnu und wollen diese Selbstschutz halten aßen und ehrlich, einzig die Suche im
Auge, deren Bestes wir durch Selbsterkenntnis: und Selbetgestllnrlnisa fiirdsrn können.
Wir müssten die Ehrlichkeit schon verletzen, wenn wir nicht engen wollten, den
11er Gesmzmteindmck üer österreichischen Abtheilnng - von unserem, dem knnstindn-
') Du vernnnehensle Anlsn: des Ernten Gutes n. ältm. llulnm. J. Fnlkn, welcher man! in
der Wlelwr Zeitung und 11A! noch vor Iiehlusx der Plriltr Allnllellnn; erschienen lst. wegen Uoberfüllnng An
Bwl indes: bisher nicht in die "lllllhellungen" lllfgelmnunen werden Innlllß. lchrlnl uns flr die Interessen
lliener Anltl]! lo unhellegend und lntzreellm zu leln. dlll wir ihn selbst jetzt , wo die Raumvrrlliltllllle un-
seres Blutes u erst geslxtleu, in die llorntlßhrill Aufnehmen lu sollen glluben. Die Keil.