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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1868 / 36)

seits muss man aber auch, um völlig gerecht zu sein, zugestehen, dass es Zweige der 
Kunstindustrie gibt, die ganz ungenügend auf der Ausstellung vertreten waren und alle 
Jahre in der That Besseres leisten, als dort in Paris zu sehen war. 
Dies gilt z. B. von der Möhelschreinerei, die in Wien, von den ersten Architekten 
und ihren Schülern unterstützt, wirklich trefliche und gelungene Arbeiten zu liefern ver- 
mag, sowohl Gir die reichsten Aufgaben, wie für die bescheidenen und einfachen. Die 
ersten Namen Wiens aber auf diesem Gebiete glänzten durch ihre Abwesenheit, und was 
in Paris sich eingefunden hatte, {mochte guten Willen gehabt haben. aber dem Willen 
entsprach ein gänzlicher Mangel an Geschmack und Selbstkenumiss. Der allgemeine 
Eindruck der österreichischen Möbel war beklagenswerth; sie konnten sich nicht einmal 
mit denen von Mainz, Stuttgart und aus Baden messen. Die Bucht, originell zu sein, 
hatte gar merkwürdige Dinge, über die wir ößer haben staunen hören, hervorgerufen. 
Einzelne Gegenstände, die sich allenfalls ansehen liessen, konnten leider den ungünstigen 
Gesammteindruck nicht aufheben. Dieser Tischlerei beweglicher Gegenstände gegenüber 
erschien die Marke rt'sche Fabrik von Thiiren und Fussbödeu, so sehr sie auf das Prak- 
tische ausgeht, doch auch künstlerisch durchaus auerkennenswerth und des Rufes würdig, 
dessen sie sich erfreut. 
Einen um so vcrtheilhafteren Eindruck machte dagegen alles dasjenige, was an gs- 
webten Stoßen zur Ausstattung des Hauses _und der Wohnung dient, die Fussteppiche, 
Decken, Vorhänge, Möbelstotfe in Wolle und Seide. Kein anderer Zweig der Kunsündu- 
strie zeigte mit solcher Entschiedenheit die neue Bahn betreten, welche der naturalistischen 
Blumendecoration der Franzosen und dem bisherigen, nunmehr veraltenden Geschmack die 
stylisirten und die orientalischen Flächenmuster gegenüherstellt und auf eine reichere Far- 
benwirkung ausgeht. Ja in einer Art können wir Oesterreich ohne alles Bedenken den 
ersten Preis der ganzen Ausstellung zusprechen. Der grosse orientalische Teppidi aus 
der Ehergassingar Fabrik von Philipp Baas d: Söhne, in Smyruser Art nach dem Mu- 
ster eines alten persischen Teppichs im österreichischen Museum gewebt und fiir den 
Webestuhl von Bahinger gezeichnet und arrangirt, war durchaus das erste Stück seiner 
Art; weder Frankreich, noch England, noch Persien selbst, welches den zweitgrössten 
Fussteppieh geschickt hatte, konnte ein ähnliches Stück aufweisen, das sich mit ihm au 
Grösse und Schwierigkeit der Arbeit, an Reichthum der ornameutslen Motive, an Harmonie 
und Bei: der zahlreichen, insbesondere bei Lampenlicht wunderbar zusammeniiiessenden 
Farben hätte messen können. Noch schwieriger fast wäre es gewesen, in der ganzen 
Ausstellung einen gewebten Steif zu finden, der sich an Feinheit und Eleganz der Farben- 
wirkung mit jener Portiere vergleichen liesse, die aus derselben Fabrik hervorgegangen 
und nach einem anderen Muster gleichen Ursprungs im österreichischen Museum gear- 
beitet, zu dem gleichen Zwecke, nämlich für den kaiserlichen Salon im neuen Opernhause 
besümmt ist. Beide waren schon im Museum, allerdings in unangemessener Beleuchtung, 
zu sehen. Wie in diesen Einzelheiten, so konnte überhaupt auch an Vielseitigkeit der 
Erzeugnisse keine andere Fabrik der gesammten Ausstellung mit dem grossartigen Eta- 
blissement von Philipp Hans ä Söhne den Vergleich aushalten, da. die fremden Fabriken 
alle mehr oder weniger es mit Specialitliten zu thun haben. Um so auerkennenswerther 
ist es, dass es der Fabrik gelungen, in der Concurrenz der ganzen Welt auch in Speciali- 
täten den Preis davonauüagen. Auch die Möbel, Vorhüngatofe und Tiscbdeckcn hielten 
sich mit stylisirten und modernen Mustern vollkommen auf der Höhe. Auch hier was mit 
Glück mehrfach die Richtung der orientalischen Ornamentation eingeschlagen, eine Rich- 
tung, welcher mindestens die nächste Zukuntl fiir die Veriierung aller dieser Stoße au- 
gehörcn diirhe. 
Neben Ph. Hass nennen wir auf dem gleichen Felde Bujatti und C. Giani mit 
stylisirt gemusterten Seidsnstoden, letzterer mit vorwiegend kirchlicher Richtung, ersterer 
zugleich auch für den Geschmack des oulgvu profanum arbeitend. Gisni hat rücksichts- 
los die Bahn stylisirter Muster betreten mit vorwiegender Benützung mittelalterlicher Bei- 
spiele und wir zweifeln nicht, dass der Erfolg ihm günsüger sein wird als die französische 
Jury, die in dieser neuen Richtung eine der französischen Serideuindustrie feindliche und 
drohende Ooncnrrenz erblickt. Sein Hauptwerk, das grosse Anlipendium nach Zeichnung 
von J. Klein, ist eine fast unglaubliche Leistung als Werk der Jacqnard-Wcberei; aber 
der romanische Styl der Zeichnung, so schön sie auch ist, thnt mit seiner Strenge dem 
Erfolg bei dem grossen Publicum jedenfalls Eintrag. - Selbst in Weisswaaren und Spitzen, 
die überall sonst. vereinzelte Beispiele in England ausgenommen, noch vom modernen 
Blumenstyl beherrscht sind, ist in Oesterreich bereits stylisirts Zeichnung eingedrungen; 
Zeugen sind die Weisswaarsn von Fnber in Lettowitz und die grossen Spitsensticksreien 
von Fräulein Therese Mirani, beides nach Zeichnungen von Fr. Fischbach. 
ilorlsslzung auf der Beilage.
	        
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