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geübt wird, hinlänglich Zirbelholz nicht vorhanden und der Preis des
Holzes so gestiegen ist, dass die ärmeren Bewohner genöthigt sind, das
Holz zu defraudiren. Niemand macht dort ein Geheimniss daraus, dass
ärmere Leute nächtlicher Weile in die Wälder gehen, das kleinere
Krummholz nehmen und so die Wälder devastiren. Da es doch keine
gleichgiltige Sache ist, ob die Hausindustrie im Grödner Thale einen
gesicherten Bezug ihres Holzes hat oder nicht, so wäre im hohen Grade
wünschenswerth: l. den Zirbelholzstand in den Stastsforsten durch eine
gemischte Commission feststellen zu lassen und 2. Sorge zu tragen, dass
dieses Zirhelholz nicht gefällt und als Bsu- oder Brennholz verwendet,
sondern für die Zwecke der Grödner Hausindustrie reservirt werde.
Würden sich die beiden Ministerien des Handels und des Ackerbaues
in der Richtung verständigen, dass das Zirbelholz, das in den Staats-
forsten geschlagen wird, gegen eine entsprechende Entschädigung den
Bewohnern des Grödner Thales überlassen wird, so würde den Grödnern
in dieser Beziehung bald geholfen sein. Man sollte glauben, dass bei
den guten Intentionen der obersten Kreise der Staatsverwaltung diese
kleine Angelegenheit sich bald müsse ordnen lassen.
Die Schulen im Grödner Thal unterscheiden sich fast durch nichts
von den Volksschulen im übrigen Tirol. In St. Ulrich befindet sich eine
gewöhnliche Volksschule, die wenigen Grödner, welche in der Lage sind,
ihren Kindern einen bessern Unterricht zu Theil werden zu lassen,
schicken dieselben nach Bozen oder Brixen. Man ist allerdings schon
in früheren Jahren zur Einsicht gekommen, dass es nöthig ist, den
Schulunterricht einigermassen dem speciellen Kunstbedürfniss der Grödner
Hausindustrie anzupassen und hat schon im Jahre 1825 eine Zeichen-
schule errichtet, dieselbe aber später wieder eingehen lassen. In neueren
Zeiten hat man die Zeichenschule abermals eröffnet und einen Herrn
Vincenz Run ggaldier als Zeichenlehrer angestellt. Wie hoch man den
Werth dieses" Zeichenunterrichtes taxirt, geht am besten ans der Hono-
rirung dieses Lehrers hervor. Derselbe erhält von der k. Staatsregierung
210 B. und von der Gemeinde einen Pauschalbetrag von 70 H. für
Quartier und Holz. Das Land thnt gar nichts dazu und gibt weder
einen Beitrag für den Lehrer noch für die Lehrmittel. Diese letzteren
bestehen aus einer Reihe von gewöhnlichen lithographirten Werken aus
Münchner Anstalten, es ist aber absolut keine Lehrmethode vorgeschrie-
ben, noch sind es die Zeichenvorlagen. Die Kinder zeichnen Ornamente
und Thiere, Theile der menschlichen Gestalt und ganze Figuren, ganz
nach dem beliebigen Uebereinkommen mit dem Lehrer. Der Besuch
dieser Schule ist nicht obligatorisch und daher ausserordentlich gering.
Es ist aber auch überhaupt der Schulbesuch in St. Ulrich nicht in
starker Zunahme begriffen. Die Normalschule wird von 108 Werktags-
schiilern und 52 Wiederholungsschülern besucht, die Zeichenschule hin-