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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1868 / 36)

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errichten. Wie alle Gebirgsländer, z. B. die Schweiz, die Gegend der 
rauhen Alp und des Schwarzwaldes in Süddeutschland oder wie das Erz- 
gebirge in Sachsen und Böhmen, so wird auch Tirol neben der Pflege 
der Agricultur den Üebergang zur Industrie sehr liald machen müssen. 
Je rascher und. je intelligenter es diesen Schritt thut, desto glänzender 
wird sich in der Zukunft die Lage des Landes gestalten; es würde sich 
bitter rächen, wenn die Landesvertretung von Tirol die Bedeutung dieses 
Satzes nicht in ihrem vollen Umfange erkennen würde. 
B. v. E. 
Der gewerbliche Unten-Echt in Frankreich und Belgien. 
Aus: Prof. Job. n. wegen-u {leelnsologlsohe Studien auf der Allgemeinen Kunst! und ludustrinsassteiliuj 
n Paris im i'll!!! m12 
Jahrhunderte hing ging die Bewerbsbildinzg den Weg der Routine und blieb uusser 
jeghcher Verbindung mit der Wissenschaft. Verbesserungen des technischen Betriebes 
waren die Früchte glücklicher Zerfälle oder der seltenen (kgeuisation eines genialen Auto- 
didakten und wurden durch Tradition und Nachahmung weiter verphnzt. Als aber die 
Technologie als Wissenechaü erstand, brach sich in einigen Branchen der Verwaltung 
der Gedanke Bahn, die Errungemchaften der technischen Wisseuschnheu iiir die Vervoll- 
kommnung und Ausbildung eiizslner Stassgewerbe fruchtbar zu machen. Es entstanden 
die Berg- und Forstaksdemien, die llariueschulen und überhaupt jene Specialschulen, auf 
welchen Aspiranten gewisser Zweige der Staatsverwaltung gebildet wurden. Die hierbei 
erzielten guten Resultate liessen den Gedanken entstehen, der allgemeinen technischen 
Ausbildung gewidmete Lehranstalten in's Leben zu rufen. Voran ging mhsrin Frnukreich. 
Im Jahre 1794 ward m lfaris, nach einem von Menge unter Mitwirkung Pourcroyß 
entworfenen Plane, die ,Ecole eeutrale des travanx publics" errichtet, die schon 1795 in 
die „Ecole polytechnique" iiberging. War es auch anfänglich die Absicht, in dieser 
Schule Unterricht in Mnthcmßük, Physik. Chemie und Zeichnen in einem dreijihrigen 
Cursus für Industrielle zu geben, so wurde doch bald die Lehranstalt militärisch einge- 
richtet und zunächst fir die Vorbildung der Artillerie- und Geniedliciere, der Straesenbau- 
und Bergingeuieure, der Seeleute, der Telegrapheubeamw-n bestimmt. Sie hat, obgleich 
sie den höchsten technischen Lehranstalten Deutschlands und anderer Länder den Namen 
gegeben, mit dem gewerblichen Unterrichts nichts mehr gemein. 
Um so werthvolher erscheint die „ideale imperiale centrule des arts et mmnßctures" 
zu Paris, die in vieler Hinsicht auf das Prldicat einer Musteranstalt gerechten Anspruch 
hat. Sie wurde im Jahre 1829 von eifgen hervorragenden Industriellen Frankreichs in 
der Absicht gegründet, eine Pllauzschule fir Ingenieure zu werden. Sie wer Privat- 
unternehmen und erwies sich in ihren Ergebnissen so Rnchtbringend, dass sie im Jahre 
1858 vom Staate übernommen wurde, was ihre Unterhaltung betrim. Bezüglich ihrer 
Leitung und der Besetzung der Lehrßicher ist sie vom Staate unabhängig. So weit als 
thuulich werden alle Lehrstühle an Industrielle vergeben, die sich in ihrem Fache hervor- 
gethan haben und die gegenwärtig zum grössten Theile frühere Schüler der Anstalt sind. 
Dadurch gibt man den Zöglingen Männer zum Vorbild, die ihre Stellung oben den Lei- 
stungen verdanken, zu welchen sie ihre Schüler heranbildcn sollen. Ihn erreicht durch 
solche Lehrer sicherlich mehr als durch Gelehrte, die der Praxis und den Isebenskreisen 
ferustehen, Eir welche die Zöglinge der Anstalt bestimmt sind. Von den hundert Abitu- 
rienten, die alljährlich von der Schule ihr Diplom als „Ingenieur des arts et mnnufsetures" 
erhalten, bleibt kaum die Hilde in Frankreich, die übrigen, meist Ausländer, kehren in 
ihre Beinuth zurück und üuden durchgängig theils als Beamte, theils in der Privatindu- 
stris geschtete Stellungen. Das Prognuxm fdr den auf drei Jahre berechneten Cnrsus ist 
nach allen Seiten hin sorgiälüg durchgearbeitet und den Anforderungen der Pruis wie 
der Wissenschaft vollkommen entsprechend. In dem ersten Jahre erstreckt sich der Un- 
terricht der Zöglinge, die durch ein strenges Adlnissionsenmeu den Besitr der Kenntnisse 
nachgewiesen haben, welche etwa auf dem Lyccuin in der „Sectiou des seiences" nach 
dem in Frankreich beliebten Systeme der Bifurcation erworben werden, auf descriptive 
Geometrie, Analysis, allgemeine Mechanik, Physik und Chemie und eusserdem auf Hy- 
giene, eine in Deutschland durch v. Pettenkofefs Bemühungen erst seit einigen Jahren
	        
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