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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1868 / 39)

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völkerung über den Zweck der Musterwerkstätten und über die Vortheile, welche den Erz- 
gebirgshewohnem durch dieselben erwachsen werden, belehren. und sie zu einem miig- 
lichst zahlreichen, lieissigen und nusdauernden Besuche der Musterwerkstätfen sueiferu 
zu wollen. Namentlich mögen die Herren Vorsteher jener Gemeinden, welche in der Nähe 
von Orten gelegen sind, in denen sich Musterwerkstätten befinden, es nicht verabsäurnen, 
selbst wenn es der Gemeinde ein kleines Opfer kosten sollte, Arbeiterinnen dahin zu sen- 
den. dsmit sie den neuen Erwerbszweig erlernen und in ihrer Heimathsgemeinde sndere 
Mädchen darin unterrichten können! 
Um übrigens dem Unternehmen auch für zukünftige Zeiten eine dauernde Grund- 
lage zu geben, het das Centralcomite die Veranstaltung getroffen, dass mehrere befähigte 
junge Leute aus dem Erzgebirge in Neudek zu Musterstecbern und Musterzeichnern her- 
ungebildet werden und dass dnselbst neue Spitzenmuster unentgeltlich ausgegeben, sowie 
die alten Musterbriefe, wie sie jetzt fiir die gewöhnlichen Spitzen im Gebrauche, ebenfalls 
unentgeltlich zeitgemäss verbessert werden, wovon die Herren Gelneindevorsteher ihre Ge- 
meindeangebörigen, aber auch alle Anderen, denen das Wohl der Bevölkerung um Herzen 
liegt, die Spitzenklöpplerinuen im weitesten Kreise geneigtest verständigen wollen. Würde 
hievon Gebrauch gemacht, so könnten dadurch schon jetzt selbst die gewöhnlichen Spitzen 
in Folge der besseren Muster bei gleicher Arbeit werthvoller erzeugt werden. 
Aber such die Herren Spitzenblindler im Erzgebirge werden im Namen des 
Centralcomitäs gebeten, dem Wirken der Musterwerkstätten nicht entgegen- 
zutreten, sondern in ihrem eigenen Interesse nach Kräften zu fördern. 
Die slten Spitzen haben sich überlebt; deren Erzeugung ist kaum mehr im Staude, das 
tägliche Leben zu fristen; sie werden durch die Maschine immer mehr verdrängt und 
können sich daher auf die Länge der Zeit nicht mehr halten. Je eher die Umgestaltung 
durchgeführt wird, um so besser. Sie trifft dann noch eine zahlreiche Bevölkerung, welche 
durch die seitberige Beschädigung dnfiir vorbereitet ist und ermöglicht es daher, der böh- 
mischen Spitzen-Fabricatiou die für den Weltverkehr nothwendige Ausdehnung um so ' 
rascher zu geben. 
Nichts hindert die Herren Spitzenhändler, das Geschäft selbst in die Hund zu neh- 
men; die Musterwerkstätten mit den Arbeitskräften und den neuesten Mustern stehen ihnen 
zur Verfügung; sie mügen nur nicht vor der feinen Spitze und vor dem höheren Lohne 
zuriickschrecken! Je werthvoller der Artikel, desto besser wird er bezahlt. Es ist eine 
unrichtige Außassung, wenn behauptet werden will, die neuen Spitzen hätten in Oester- 
reich keinen Absatz; sie werden in Oesterreich, wenn auch nicht in der Menge wie im 
Auslande, doch ebenfalls gesucht, du sie aber hier in entsprechender Güte und Schönheit 
bisher nicht gefunden wurden, mussten sie aus Belgien und Frankreich bezogen werden. 
Zugegeben jedoch, es wäre in Oesterreich für diese Spitze wirklich kein lohnendes Feld, 
so ist die Welt gross genug, um Absstzorte zu finden, wie es in der Aufgabe eines jeden 
Kaufinsnnes liegt und zur Lösung dieser Aufgabe ist noch hinlänglich Zeit bis zum Auf- 
hören der Wechselmann'schen Musterwerkstätten. Wer diese Zeit zur Finrichtung eines 
neuen Geschäftes nicht zu benützen versteht, verdient nicht die Berücksichtigung, dass 
etwa seinetwegen ein verlorener, iiberlebter lndustriezweig zum Nachtheile der Bevölke- 
rung fortgeführt werden sollte." 
Vorträge im österr. Museum. 
Der erste Vorleseshend des Museums (Donnerstag 5. November) vrsr vorzugsweise 
dem Jahresberichte pro 1868, den Mittheilungen über den Stand des Neuhsues, über die 
Kuustgewerbeschule des Museums und über die iru l. J. abgehaltenen Filislnusstellungen 
in Reichenberg und Prag, sowie über die Hausindustrie im Gröduer Thnle gewidmet. Die 
Leser der Jlittheilungen" kennen den Inhalt dieses Vortrags grüsstentheils sus verschie- 
denen Aufsätzen, welche im Laufe des Jshres über diese Fragen in dem Museumshlatta 
erschienen sind. 
Der zweite Donnerstßgseheud wsr dem Gedächtniss der Architekten Eduard Van 
der Niill und August von Siccardsburg gewidmet, denen Director von Eitelberger den 
Anspruch auf ehrenvolle Erwähnung nicht allein aus ihrer Stellung in der Kunstgeschichte 
Wiens überhaupt, sondern insbesondere auch aus dem lebendigen Antheil herleitete, wel- 
chen sie an der Gründung des österr. Museums genommen. Um die Bedeutung der beiden 
Künstler in des rechte Licht zu stellen, schilderte der Redner in scharfen Umrissen die 
Bsuzustände in Wien zur Zeit des Auftretens Beider, der Zeit, in welcher von Baukunst 
gar nicht gesprochen werden konnte, sondern nur von der Gesehäftsthlitigkeit der Bau- 
hnndwerker und der Bureauthiitigkeit der Bnuhearnten, der Zeit, welche in Berlin und
	        
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