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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1869 / 46)

ihr Augenmerk richteten, als den Mann, in welchem sich wissenschaft- 
liche Bildung und praktische Erfahrung auf's günstigste mit einander 
verbinden. 
Das Kunstlebeu Wiens im Jahre 1868 "). 
R. v. E. Wenn man es unternimmt, jährlich einen Bericht über die 
Bewegungen auf dem Gebiete der Kunst zu verzeichnen, so muss man 
bei dem Leser wohl Einsicht in eine Hauptbedingung des Kunstfort- 
schrittes voraussetzen, in jene nämlich, dass der Fortschritt auf dem Ge- 
biete der Kunst, wenn er ein gesunder sein soll, ein langsamer und 
stetiger ist. Das ist allerdings eine Bemerkung, welche dem Geiste un- 
seres Jahrhunderts, der es liebt, schnell wechselnde Situationen durch- 
zuleben, nicht ganz conform ist; allein mit der Kunst verhält es sich 
anders als mit Eisenbahnunternehmungen, Banken etc., kurz mit Insti- 
tuten, die man rasch in das Leben einführen kann. Die Kunst ist eben 
kein Geschäft, Kunstinstitute sind keine Börseninstitute; sie müssen mit' 
anderem Massstabe gemessen werden; ihr Fortschritt ist, wie der Fort- 
schritt in der Wissenschaft, an das Gesetz der Stetigkeit gebunden. 
Wir haben, anschliessend an den Bericht des Vorjahres, die er- 
freuliche Thatsache zu wiederholen, dass die A rchitektur-Bewe- 
gung Oesterreichs in einem stetigen Fortschritte begriffen 
ist und dass, wenn auch nicht alle Hoffnungen erfüllt wurden, die zu 
hegen man im Jahre 1868 berechtigt war, doch viel geschehen ist, was 
auf dem Gebiete der Architektur als ein erfreulicher Fortschritt, als eine 
gesunde künstlerische That bezeichnet werden kann. 
Zu den bedauerlichen Erscheinungen des vorigen Jahres gehört das 
Votum der Jury in Beziehung auf den grossen Hofmuseenbau. 
Darüber sind alle Stimmen einig: Der Architektenverein, die Künstler- 
genossenschaft, alle mit selbstständigem Urtheil begabten Kunstforscher 
und Aesthetiker, die damit ihr Urtheil abgegeben haben, und fast das 
ganze gebildete Publicum. 
Eben so einig ist man darüber, dass der Gemeinderath in der 
Concursausschreibung für das neue Stadthaus einen falschen 
YVeg betreten hat; er ist auf das Princip eines allgemeinen Concurses 
eingegangen, - auf ein Princip, welches nie zu guten Resultaten führte. 
Der Gemeinderath hat mit dem Besehlusse, die eingegangenen Pläne erst 
nach dem Votum der Jury, nicht vor demselben, dem Publicum vorzu- 
fTxhren, ein nicht nachahmenswcrthes Beispiel gegeben. 
Die Kirchenbauten in Wien machen einen erfreulichen Fort- 
schritt; die drei grossen Pfarrbauten, welche Dombaumeister Schmidt 
') Aus dem Jahresberichte der Haudels- und Gewerbekamnxer für N. Oesterreic 
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