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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1869 / 47)

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hervorgeht, welchen hohen Werth auf diese Gefässe man im Alterthume 
gelegt hat, andererseits sich aber auch deutlich zeigt, dass an dem Orte, 
wo die Copie gemacht wurde, die hohe Kunstfertigkeit nicht zu finden war, 
wie an jenem Orte, wo man die Originale schuf. 
Dass die moderne Kunstindustrie sich dieser Objecte bemächtigt, ist 
vollständig begreiflich. Vorbilder aus guter Zeit gibt es nicht viele, und 
auch die, welche wir besitzen, werden nicht so zugänglich gemacht, um 
sie für die Privat-Industrie nutzbar zu machen. Die rein antiquarischen 
Museen" verschliessen ihre Sammlungen, und würde nicht Herr Kiiszhardt 
in Hildesheim sogleich Gypsabgiisse gemacht haben, wir zweifeln sehr, 
dass das Berliner Antiquarinm sich beeilt haben würde, solche Gyps- 
abgüsse anfertigen zu lassen; denn sowol im Berliner Antiquarium, noch 
mehr aber in der Berliner Kunstkemmer befindet sich eine grosse Anzahl 
ganz ausgezeichneter Stücke, die längst verdient hätten, durch Gyps- 
abgüsse oder galvanoplastische Reproductionen weiteren Kreisen zugänglich 
gemacht zu werden, die aber noch heute Hir die Kunst-Industrie wie ein 
mit sieben Siegeln verschlossenes Buch zu betrachten sind. 
Die Hildesheimer Gefasse werden anregend und ich möchte auch 
sagen reinigend auf die moderne Gefässtechnik wirken und vielleicht 
Anlass geben, dass man in den massgebeuden Kreisen der Gefässtechnik 
einen höheren Werth beilegt, als dies bisher der Fall war, dass man 
dabei nicht blos an Massenproduction, sondern auch an Einzelprodnction 
denkt und dass man Künstlern und Kunstteehnikern die Musse gönnt 
und die Mittel bietet, um solche Einzelwerke, an denen sich allein 
Künstler und Kunsthendwerker bilden können, mit vollendeter Technik 
und zu voller Befriedigung der Kunstanforderungen zu Ende führen 
zu können. 
Kein Zweig der modernen Kunst-Industrie ist ja so verfallen, als 
jener der Silber- undfiroldarbeiter. Ein groseer Theil derselben arbeitet 
möglichst wohlfeil und möglichst schlecht; von dem künstlerischen Berufe 
des Silberarbeiters haben nur Wenige eine Ahnung. 
Der Silberfund in Hildesheim tritt wie der Geist Hamlets aus der 
Vergangenheit mahnend an sie heran, dem Speculationsgeiste nicht aus- 
schliesslich Gehör zu schenken, sondern auch den Anforderungen des 
besseren Geschmackes Rechnung zu tragen, die gegenwärtig immer 
mächtiger hervortreten. Urnsomehr hat es uns gefreut, dass wir in den 
Ateliers der Silberarbeiter Sy ä Wagner und Vollgold in Berlin einige 
Silber-arbeiten in Arbeit fanden, bei denen mit künstlerischen Intentionen 
vorgegangen, an der künstlerischen Durchbildung des Modells und an 
Durchführung der Ciselirung nicht gespart wird. Auch das kleine Atelier 
für Bronze- und Email-Technik von Sussmann und Ravene strebt mit 
Bewusstsein höheren künstlerischen Zielen zu.
	        
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