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welche, wie Brücke gezeigt hat, zum Metallglanz gehören, besitzen. Diese Eigenschaüen
sind Undurchsichtigkeit und ein überhaupt grosses Rellexionsvermögen. So erklärt sich der
prachtvolle Metallglanz mancher Insecten, Federn, antiker Gläser, Muscheln, obwohl letztere
meist Perlmutterglanz besitzen, weil ihnen die Undurchsichtigkeit abgeht.
An die Interferenzfarben reihen sich die Farben trüber Medien an, die fir das grosse
Publicum an Interesse gewonnen, seitdem Göthe auf diesen Erscheinungen die gesammte
Farbenlehre aufbauen wollte '). Die Tbatsachen sind folgende: Eine mit lusserst feinen
Körperchen, z. B. aufgeschwemmtem Mastixhara getrübte Flüssigkeit reiiectirt von schwar-
zem Hintergrunds blaues Licht, lässt dagegen in dünneren Schichten gelbes, in dickeren
rothes Licht hindurch. Dasselbe tbut oft die Milch, da sie ja ebenfalls durch nuspendirte
Fetttröpfchen getrübt ist. Zweierlei Ursachen betheiligen sich an dem Zustandekommen
dieser Erscheinung. Alle diese Körperchen haben das gemeinsam, dass sie sehr klein sind;
die Mehrzahl fällt daher in die Dicke des engsten Verstürkungsriuges fir blaue Strahlen
im Newtonächen Farbenglase. Ausserdem besteht noch das Gesetz, dass von einem Licht-
strahl um so mehr retlectirt wird, je stärker seine Ablenkung von der ursprünglichen Rich-
tung im neuen Medium ist. Deshalb müssen die blauen Stmlilen im rctiectirten Licht stärker
vertreten sein als die langwelligen, weil jene stärker gebrochen werden. Nach einmaliger
Reflexion ist dies Uebergewicht blauer Strahlen freilich unmerklich. Wenn sich aber die
Reflexion und Brechung tausende Mal wiederholt, wie es in so einem trüben Medium der
Fall ist, so ist es begreiiiicb, dass in den redectirten Strahlen die blauen und violetten, in
den durchgelassenen die langwelligeren grünen, gelben und rothen, endlich blos rothen Strah-
len vorherrschend seien. Werden diese durcbgelessenen langwelligen Strahlen von einem
schwarzen Hintergrunds absorbirt, so treten die redectirten blauen Strahlen in Wirksamkeit.
Ist der Hintergrund weiss, so retlectirt er unverändert die rothen, gelben und grünen Strahlen,
die sich den in der Flüssigkeit reiiectirten blauen und violetten Strahlen heimischen und sie
wieder zu Weise ergänzen. Das Blau des Auges ist sicher, das Blau des Himmels, das
Abendroth höchst wahrscheinlich die Farbe eines trüben Mediums. In der Malerei sind
diese Farben von Wichtigkeit, da sie die Ursachen der kalten blauen Tinten sind, die ent-
stehen, wenn helle Pigmente auf dunklem Grunde in nicht deckender Schichte ange-
bracht werden.
Bei zunehmender Beleuchtung nimmt nach Purkynje, Dove und Helmholtz
nicht die Empiindungs-Intensitlit Rir alle Farben gleicbmässig zu, sondern z. B. für blaue
und violette langsamer als für gelbe und rothe. Bei hellem Sonnenlicht ist die Empfin-
dung von Gelb und Both relativ viel intensiver als die Empündung von Blau und Violet.
Selbst bei üiibem Tage erscheint uns deshalb die Landschaft wie im Sonnenlicht, sobald
wir sie durch ein gelbes Glas betrachten. Umgekehrt können wir auch Abends noch
blaue und violette Farben als solche erkennen, während wir für Roth schon blind
sind. Diese Thatsachen bergen wohl in sich die Erklärung iiir die Ausdrücke warme und
kalte Tinten.
Die verschiedenen Phänomene der Farbenempiindungen werden am besten durch die
Young-Helmheltsfsche Theorie unter einheitlichem Gesichtspunkt erklärt. Lange bevor
Johannes Müller das allgemeine Gesetz der speciiischen Empiindungsqualitäten ausspre-
chen konnte, sah sich schon Thomas Young genöthigt. eine ähnliche Annahme beim Seh-
nerven zu machen. Diese Theorie sagt: Im Sehnerven sind dreierlei Nervenfaserarten.
Einzeln gereizt erregen sie die Empfindungen Bmh, Grün und Violet. Alle Lichtsorten
üben auf jede dieser Nervenfaserarten einen Reiz aus, aber die langweiligsten Strahlen
den stlrksten auf die rothempfindenden, die kurzwelligsten den stärksten auf die violet-
empiindenden, die Strahlen mittlerer Wellenlänge den stärksten auf die griinempiindenden
Fasern. Werden alle drei Faserarten gleichmiissig gereizt, so haben wir das Bewusstsein,
dass alle Liohtsorten des Sounenlicbtes gleichmlissig einwirken, wir empfinden Weise. Die
Empiindung Gelb erhalten wir durch gleichzeitige Reizung der Roth und Grün empfin-
denden, Blau durch Beisunglder Grün und Violet empiindenden Fasern. Gleichzeitige Er-
der Viclet und Roth empiindenden verursacht die Empfindung Purpur.
Es ist nun von selbst klar, warum Purpur und Grün s. B. am Kreisel zu Weise sich i
ergänzen, weil ja alle drei Nervenarten von diesen swei Lichtsorten gereist werden. Ebenso,
warum man durch Mischung von Orange und Grün dieselbe, wenn auch weniger gesättigte
Farbenempiindung erhält, wie durch monochromatiscbes Gelb; wie durch Vermehrung der
einen oder andern Theiltarbe sich die Miscbfarbe der einen oder andern Theilfarbe in der
Tinte nlhert. In beiden Füllen werden ja vorzüglich die Roth und Griiu empiindenden Fa-
sern gereizt und es tritt um so stärker eine dieser Empfindungen über die Mischempiindnng
Gelb hervor, je kräftiger die eine oder andere Faser gereizt wird. Eine noch nicht cr-
'l Eine klare Darstellung seines Sßudpunktes Endet man in ldellulioltlfs populären: Vortrag: "Gölbdi
nafurliwrnltblftlivll! Albcilell" (Braunschweig. bei Viswig).