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wähnte Thatsache, dass nämlich jede Farhenemptindung bei zunehmender Beleuchtungs-
intensität dem Weiss sich albert, findet seine Erklärung. Wenn man durch monocbro-
matisch rothes Glas in die Sonne blickt, so erscheint sie doch nicht rotb, sondern gelblich.
Roth geht bei zunehmender Liehtstärke durch Gelb, andere Farben durch weniger gesät-
tigte Tinten in Weiss über. Alle Nerven können hlos bis zu einem gewissen Grade ge-
reizt werden, darüber hinausgehende Reize sind nicht mehr im Stande, die Empfindung
zu steigern. Wenn also rothes Licht auf die Netzhaut einwirkt, so werden am meisten die
Both empiindenden Fasern erregt. Bei steigender Helligkeit sind dieselben endlich im
möglichst grössten Reizzustande, das heisst durch weitere Steigerung der Intensitlt des
rothen Lichtes kann die Reizung der Roth empiindenden Fasern nicht mehr, wohl aber
noch die Reizung der Grün Eund Violet empiindenden Fasern gesteigert werden, die ja
ebenfalls, wenn auch schwächer von rothem Licht gereizt werden. So, nähern sich endlich
alle drei Fasern dem Maximum des Reizzustandes; die Gesammtempfindung nähert sich
daher immer mehr dem Weise.
Wenn durch verschiedene Lichtsorten die Nervenendapparatß verschiedener Nerven
eine materielle Veränderung erleiden, welche erst wieder durch den Stodwechsel ausge-
glichen werden muss, so ist es begreitiich, dass diese Veränderung hlos im ersten Momente
dem Reize vollkommen proportional stattfinden kann, in der Folge aber blos mit geringerer
Intensität, dass daher auch die Emptindnng an Stärke verliert; dass dagegen in den an-
dern nicht gereizten Fasern jeder Reiz mit voller Intensität zur Empfindung gelangt. Auf
die Weise erklären sich die Erscheinungen der Contrastfarhen.
Das von gemischten Pigmenten redectirte Licht enthält im Allgemeinen weniger
Lichtsorten als das von den isolirten Pigmenten reiiectirte Licht. Jenes wird daher auch
weniger Nervenarten zu reizen im Stande sein, als dieses. Da nach der Young'schen
Theorie Farbenemplindung durch gleiche Reizung von höchstens zwei Nervenfasern zu
Stande kommt so ist es begreiflich, dass durch Pigmentmischung - Mischung durch Sub-
trsction - viel leichter Farben wie Grün und Violet erzeugt werden, welche hlos eine
Nervenfaser erregen, als z. B. Gelb und Blau, welche zu ihrer Erzeugung stets zweier
Nervenfasern bedürfen. Die Schwierigkeit, gelbe, blaue und rothe Pigmente durch Pigment-
mischung zu erzeugen, war die Ursache, dass man diese drei Farben als Grundfarben be-
zeichnete. Da alle Farben im Sonnenspeetrum durch allmälige Uehergänge verbunden sind,
so haben wir keinen Grund, dasselbe in anders Kategorien zu theilen, als sie durch die
Feinheit unserer Empfindungen für Farbennuancen gegeben sind, besonders da durch wirk-
liche Mischung durch Addition jede Tinte aus je zwei anderen Farben dargestellt werden
kann. Das Unterscheidnngsvermögen ist jedoch nicht nur bei verschiedenen Menschen ver-
schieden, sondern auch bei demselben Menschen in verschiedenen Regionen des Spectrums.
Die Eintheilung in siehe auptfxrhen, wie es Newton thag geschah wohl, um eine Ana-
logie mit der Octave zu en, ist jedoch ebenfalls willkürlich. Wenn man darauf eine
Farbenharmonie nach d m Muster der musikalischen Harmonie gründen, wollte, so ist
zu bemerken, dass die tersehiede zwischen Farben und Tönen so durchgreifende sind,
dass man nicht hoifen darf, auf diesem Wege zu Resultaten zu kommen. Man erinnere
sich nur, dass die Töne sich nicht im lußleereu Raume fortpiianzen können, wie das
Liebt, dass das fünfgestrichene C am Clzvier blos aus 4224 Schwingungen in der Secunda
besteht, während der am wenigsten Schwingungen besitzende Lichtstrahl in der Secunde
über noch hunderttausendmillionen Mal mehr Schwingungen macht; dass die Tonwellen
aus longitudinalen, die Lichtwellen aus transversalen Schwingungen bestehen. Endlich
wie würde unsere musikalische Harmonie aussehen, wenn man durch verschieden starkes
gleichzeitiges Anschlagen z. B. von C und D alle möglichen dazwischen liegenden Töne als
Combinationsetfect erzeugen könnte, wie man durch Mischung zweier Farben in verschie-
dener Proportion alle dazwischenliegenden Farhennuancen hervorzubringen im Stande ist?
Unsere Sprache theilt durch die Ausdrücke Bnth, Gelb, Grün, Blau die reinen Farben
des Spectrums in vier Gruppen, doch haben wir keinen Anhaltspunkt, zu vermuthen, dass
diese Eintheiiung mit irgend einer Einrichtung unseres farhenempiindenden Apparates in
Zusammenhang steht.
Stets muss man sich bei dem Urtheils, welches wir uns aus unseren Sinnessmpiin-
dungen über die Gegenstände der Aussenwelt bilden, der Worts Helmholtrs erinnern:
„Die Sinnesemplindungen sind uns nur Symbole für die Gegenstände der Aussenwelt und
entsprechen dieser etwa so, wie der Schriftzug oder Wortlaut dem dadurch bezeichneten
Dinge. Sie geben uns zwar Nachricht von der Eigenthümlichkeit der Anssenwelt, aber
nicht bessere als sie einem Bünden durch Wortbeschreihungen von der Farbe geben."